Sonntag, 5. Mai 2024
Das Frühstück im San Marco war für mitteleuropäische Verhältnisse gut und reichlich. Es gab einen sehr gut funktionierenden Vollautomaten, eine ordentliche Wurstauswahl und eine immer strahlende Servicekraft, die sich über jeden bescheidenen Brocken meines limitierten Italienisch-Wortschatzes freute. Heute mussten wir zunächst klären, zu welchem Parkplatz wir fahren sollten. Siena hat schon in den Nuller Jahren ein System von mehreren Aufstiegshilfen in Form von Rolltreppen etabliert, die es den Touristen ermöglichen, auf bequeme und einfache Weise zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zu gelangen.
Von unserem Hotel aus war der Parkplatz Santa Caterina der nächstgelegene. Nach zwei Kilometern Fahrt kamen wir gegen 11.00 Uhr am um diese Zeit noch nicht sehr stark frequentierten Parkhaus an. Nach vielleicht 200 Metern kommt man zur 2005 eingeweihten Rolltreppe, die eine stolze von Stundenkapazität von 4.500 Personen aufweist.
Das System verfügt über unglaubliche 12 Rolltreppenabschnitte und vom Ausstieg an der Via di Valle Piatta sind es nur ein paar Minuten und man ist mittendrin im Geschehen.
Oben angekommen orientierten wir uns an den um diese Zeit schon dichter werdenden Touristenscharen. Dann dauerte es auch gar nicht lange bis wir den vielleicht schönsten Platz der Welt, den Piazza del Campo, erreichten. Der Platz soll an an die Nove Signori (Herrschaft der Neun) erinnern, die die Stadt am Ende des 13. Jahrhunderts regierten. Schon die Form des Platzes ist einzigartig und zieht den Betrachter sofort in seinen Bann.
Nach einer ersten Umrundung dieses außergewöhnlichen Platzes, der nicht nur über unzählige Bars und Restaurants verfügt, sondern auch über Souvenirläden, erstand ich ultrakitschige Italiensocken, die ich wohl nie anziehen werde, die ich aber trotzdem unbedingt haben musste. Sonja hielt mich dann glücklicherweise davon ab, auch noch bunt bemalte Keramikteller und ähnlich Überflüssiges zu erwerben.
Weil Besichtigungen des Domes, für den wir im Vorfeld über "Get your Guide" Voucher erworben hatten, erst ab 13:30 Uhr möglich waren, besichtigten wir zunächst die Krypta, bevor wir uns in die kurze Warteschlange für die Besucher mit bevorzugtem Zugang einreihten. Die Krypta ist insofern beeindruckend als sie erst 1999 entdeckt wurde. Auf 180 Quadratmetern kann man hier sehr schöne Fresken bewundern.
Die Kathedrale von Siena ist eine der bedeutendsten romanisch-gotischen Kirchen Italiens. Die weiße Marmorfassade mit Dekorationen aus rotem sienesischem Marmor und grünem Serpentin aus Prato verleihen ihr eine Erhabenheit, wie man sie nur äußerst selten an sakralen Bauwerken sieht. Geweiht wurde der Dom bereits im Jahr 1179, aber bis zu seiner Fertigstellung vergingen noch zwei weitere Jahrhunderte.
Die Gestaltung des Kircheninneren dominiert der Kontrast von weißem und schwarzem Marmor, der auf das Stadtwappen von Siena verweist. Besonders beeindruckend sind die insgesamt 56 Fußbodenbilder, von denen wir gar nicht erwartet hatten sie zu sehen, weil in den Reiseführern zu lesen war, dass sie aus konservatorischen Gründen abgedeckt wären. Ein Meisterwerk der Bildhauerkunst ist die achteckige Kanzel von Pisano. Darüber hinaus gibt es im Dom viele Statuen und Gemälde zu sehen.
Der Dom von Siena bietet eine Vielzahl an Kunstschätzen, hier werden Augen, Herz und Verstand gefordert. Ohne einen oder mehrere Blicke in einen Reiseführer ist man hier verloren. So findet sich z.B. gleich nach dem Altar die Piccolomini-Bibliothek, die im Jahre 1492 erbaut wurde, um die reiche Büchersammlung von Papst Pius II. aufzunehmen. Die Wände schmücken Fresken von Pinturicchio und in der linken Kapelle befindet sich der berühmte Johannes der Täufer von Donatello (1455).
Mit diesen Bildern endet der Rundgang durch den wirklich beeindruckenden Dom von Siena. Die Stadt erreichte während des Mittelalters den Höhepunkt ihrer Macht und so entstand der Gedanke, die Kathedrale zu vergrößern. Leider setzte die Pest im Jahr 1348 diesem Traum ein jähes Ende und so blieben von diesem ehrgeizigen Projekt nur Überreste. Einer davon ist die unvollendete Fassade (Facciatone), die man ebenfalls besichtigen kann. Das Ticket, das ich ebenfalls im Vorfeld online erworben hatte, beinhaltet auch den Zugang zum Muesum, in dem ebenfalls einige Kunstschätze zu bewundern sind.
Ich muss aber gestehen, dass mich die Ausstellungsstücke des Museums nur am Rande interessiert haben, der Hauptgrund für den Ticketkauf war der Aufstieg auf den Facciatone. Und auch hier war ich nicht der einzige Besucher, der diese Motivation hatte. Ich musste mich etwa 20 Minuten gedulden bis ich endlich losgehen durfte. Bis zur zweiten Aussichtsplattform waren 253 Stufen zu überwinden, zum Teil ging es auch wieder über sehr schmale Wendeltreppen nach oben. Und auch der eine oder andere Durchgang war sehr schmal. Das verdeutlicht ein Bild, das ich hierzu angefügt habe. Aber die Anstrengungen wurden schließlich belohnt und zwar mit einem grandiosen Blick bis zum Campo, dem Platz der Plätze.
Wir beendeten das anstrengende Sightseeing dieses Tages mit einem Abstecher ins Baptisterium, das sich auf dem gleichnamigen Platz unterhalb des Domchors befindet.
Nach diesen Anstrengungen, am Ende des Tages waren es mehr als 11.000 Schritte, hatten wir uns eine Erfrischung mehr als verdient. Wir gingen wieder zurück zum Piazza del Campo und suchten uns ein schönes Plätzchen, von denen es hier zum Glück jede Menge gibt. Ich bestellte mir ein dunkles Bier, für Sonja gab es einen Aperol Spritz, dann meldete sich auch noch der Hunger, den wir mit einer großen Salatschüssel und Pasta bekämpften.
Gegen 18.00 Uhr verabschiedeten wir uns von diesem großartigen Platz, den schon James Bond, der Agent seiner Majestät, im Film "Ein Quantum Trost" unsicher gemacht hat. Sicher hatte er im Laufe der Dreharbeiten keine Zeit für die Köstlichkeiten, die sich nur eine Straße weiter im Cafe Nannini in den Auslagen türmen. Daran konnten wir unmöglich vorbeigehen und natürlich haben wir uns hier mit Gebäck eingedeckt, das es nur hier gibt.
Dann machten wir uns auf den Rückweg zum Parkhaus und freuten uns wieder, dass die Stadtplaner an müde Touristen gedacht und Rolltreppen gebaut haben. Vielleicht, so unsere Hoffnung, gibt es auch in Cortona, der nächsten Station unserer Toskana-Reise, eine solche Aufstiegshilfe.
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