Samstag, 11 Mai 2024

In der ersten Nacht im neuen Quartier haben wir wunderbar geschlafen. Kein Wunder, es war gestern doch recht spät geworden, jetzt aber freuten wir uns auf die Begegnung mit neuen Gastgebern. Das Frühstück hier ließ ebenfalls keine Wünsche offen, man erhält sogar Rühreier, auf Wunsch Omelett und Toast mit Schinken und Käse. Heute wollten wir es etwas ruhiger angehen lassen, vor allem hatten wir keine Lust auf anstrengendes Klettern in steilen Gassen.

Für die Planung der Reise, die schon im Vorjahr begann, haben wir unendlich viel Material gesichtet, sei es in Buchform, im Internet oder über die bewegten Bilder in den diversen Mediatheken. Ein Ziel stach dabei besonders heraus: Saturnia bzw. die Cascate del Mulino. Nun gibt es in der Toskana ja jede Menge Thermalquellen, aber nach unseren bisherigen Erfahrungen, vor allem auch in Bagni San Filippo, haben die Thermen von Saturnia ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Schon allein die Bilder mit den vielen Terrassen, die vom wasserfallartig nach unten fließenden Wasser gebildet werden, sind einen Besuch wert. Die etwa 25 Kilometer nach Saturnia waren schnell zurückgelegt und so standen wir ziemlich genau um 12.00 Uhr, also in der größten Mittagshitze, am Aussichtspunkt, von wo man einen herrlichen Blick auf das gesamte Areal hat.

Zugegeben, es war Samstag, und es wimmelte nur so vor Menschen, die ebenfalls eintauchen wollten  in dieses wohligwarme Wasser inmitten dieser einzigartigen Kulisse. Das nahmen wir aber gerne in Kauf, denn wann hat man schon einmal die Gelegenheit, in einem Becken zu baden, das angeblich durch einen Blitz entstanden ist, den Jupiter gegen Saturn geschleudert hat. So zumindest die Legende.

In unmittelbarer Nähe zu den Quellen befindet sich ein großer Besucherparkplatz, ein wirklich sehr großer Parkplatz. Die Anzahl der hier abgestellten Autos gab uns bereits einen Anhaltspunkt wie viele Besucher wir hier erwarten können. Trotzdem hat uns das aus den bereits geschilderten Gründen nicht abgehalten. Der Eintritt ist übrigens frei, allerdings empfehlen wir,  die geringe Gebühr für einen Spind zu entrichten. So hat man immerhin die Möglichkeit, seine Wertsachen und die Kleidung sicher zu verstauen. Ein Cafe und Duschen sind ebenfalls vorhanden. Eine Liegewiese, wie man sie aus vielen Freibädern kennt, wird man hier allerdings vergeblich suchen. Wir empfehlen aber unbedingt, geeignete Badeschuhe zu tragen, denn in den einzelnen Becken befinden sich nicht nur viele Steine, sondern durchaus auch größere Felsstücke, an denen man sich leicht verletzen kann. Vielen Italienern schien das aber egal zu sein, ich habe etliche Besucher gesehen, die entweder barfuß waren oder nur Flip Flops trugen.

Dieses Thermalgebiet heißt nicht umsonst Cascate del Mulino (Mühlenfälle), denn neben den Wasserfällen befindet sich eine sehr alte Mühle. Dazu gibt es auch noch einen kurzen Film: 

Noch mehr als zwei Stunden machten wir uns auf den Rückweg zum Parkplatz. Wir fuhren zurück nach Pitigliano, allerdings auf einer teilweise anderen Strecke als auf der Hinfahrt, in der Hoffnung, bessere Straßenverhältnisse vorzufinden, die sich jedoch nicht erfüllte. Sowohl die Hin- als auch die Rückfahrt erinnerten an ein wahres Kurvenlabyrinth, das höchste Aufmerksamkeit erforderte. Rein zufällig steuerten wir Pitigliano von Westen her an. In den meisten Reiseführern wird das auch empfohlen, denn hier steht die Kirche Madonna della Grazie (SR74, 50125, 58017 Pitigliano), an der sich ein wunderbarer Aussichtspunkt befindet. Wir wollten gerade auf den kleinen Parkplatz fahren, der ohnehin höchstens einer handvoll Fahrzeugen Platz bietet, als uns von einem "Polizisten" Einhalt geboten wurde. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass wir es gar nicht mit einem echten Polizisten zu tun hatten, viel mehr handelte es sich um ein Filmteam, das an dieser Stelle ein paar Szenen abdrehte. Wir parkten unseren Wagen schließlich außerhalb des Sichtfelds der Kamera und konnten so unsere Panoramafotos machen. Auch hier hatten wir wieder Glück, denn die Lichtverhältnisse waren fast optimal und der Blick wirklich fantastisch.

Zweifellos ist das Städtchen Pitigliano, das etwa 3.500 Einwohner zählt, mit das Spektakulärste, das wir während unserer Toskana-Rundreise bisher gesehen hatten. Pitigliano wurde auf rotbraunem Tuffstein auf einem 313 Meter hohen Bergkamm gebaut und die Häuser machen zum Teil den Eindruck, als ob sie in jeder Sekunde abstürzen würden. Hier wurde wirklich Haus an Haus gebaut, was zur damaligen Zeit den besten Schutz vor Feinden bildete. Wir erkundeten das Städtchen, sahen dabei u.a. die Porta della Cittadella oder das Aquädukt der Medici. Wir gingen vorbei am Orsini-Palast und marschierten bis zur Cattedrale Santi Pietro e Paolo, die wir auch besichtigten.

Alleine bin ich dann noch weiter bis zur Kirche San Rocco, dem ältesten Sakralbau der Stadt, der erstmals im Jahr 1274 urkundlich erwähnt wurde. Je weiter weg  ich mich vom Zentrum bewegte, umso weniger Touristen waren unterwegs. Enge Gassen, schmale Treppen oder Wäscheleinen, die von Fenster zu Fenster gespannt werden, haben mich schon immer fasziniert. Dazu kommt der morbide Charme von abbröckelndem Mauerwerk, maroden Straßen, fantasievollen Kleinstfahrzeugen und streunenden Katzen. Das alles ergibt ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk. 

Vom Centro Storico aus hat man an mehreren Stellen immer wieder die Möglichkeit die Umgebung dieses Bergkamms fotografisch zu erkunden. Eine davon nutzte ich, um die gegenüber liegende Kirche Madonna della Grazie abzulichten.

Irgendwann meldete sich dann auch der Hunger und wie üblich gestaltete sich die Suche nach einem Restaurant schwierig, denn es war etwa 17:30 Uhr und die meisten Bars sind um diese Zeit geschlossen. Aber schließlich wurden wir in der Nähe unseres Parkplatzes fündig. In dieser Trattoria waren wir zwar die einzigen Gäste, das hatte aber den Vorteil, dass sich die Küche ganz auf uns konzentrieren konnte. Ich freute mich auf ein kühles Bier, auf Bruschetta als Vorspeise und schmackhafte Pappardelle als Hauptgericht.

Ein weiterer ereignisreicher und abwechslungsreicher Tag in der Toskana ging damit zu Ende. Immerhin mussten wir an diesem Tag nicht so viele Kilometer zu Fuß zurücklegen. Den Tag ließen wir auf unserer Privatterrasse bei einem Aperol-Spritz ausklingen. Morgen würden wir einen Abstecher nach Sorano machen.

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