Donnerstag, 16. Mai 2024

Der erste Blick aus dem Fenster stimmte uns bereits optimistisch, der Himmel war blau und die Sonne strahlte. Nach dem reichhaltigen Frühstück mussten wir lediglich den Schlüssel an der Rezeption abgeben und konnten das Parkhotel Marinetta, in dem wir zwei erholsame Tage verbracht hatten, verlassen. Wir warfen noch einen letzten Blick von unserem Balkon auf das Meer und dann brachten wir die Koffer zum Auto. Da wir bereits am Vorabend unsere Rechnung bezahlt hatten, konnten wir gleich losfahren. Bis nach San Gimignano waren es etwa 80 Kilometer, für die wir eineinhalb Stunden veranschlagt hatten.

Auf unserem Weg dorthin kamen wir u.a. an dem 1.000 Einwohner zählenden Dorf Casale Marittimo vorbei, das auf einem Hügel liegt und schon allein deshalb von uns fotografiert werden musste.

Kurz nach 12.00 Uhr kamen die ersten Geschlechtertürme, für die San Gimignano so bekannt ist, in unser Blickfeld. Unser Quartier, das Hotel da Graziano war schnell gefunden. Viel schwieriger war es jedoch, einen Parkplatz zu finden. Es stellte sich nämlich heraus, dass dieses Haus über keinen eigenen Parkplatz verfügt, es gibt lediglich öffentliche Parkplätze, die sich aber glücklicherweise unmittelbar gegenüber dem Hotel befinden. So ergatterten wir schließlich doch einen Stellplatz. Wir durften das Auto an diesem Tage jedoch nicht mehr bewegen, weil er ansonsten von einem anderen Besucher in Beschlag genommen worden wäre.  Der größte Pluspunkt des Hotels ist dessen zentrale Lage zum alten Ortskern. Und damit verbunden dieser grandiose Ausblick, den wir vom Parkplatz aus hatten.

Allein dieser Blick auf das "Manhattan der Toskana", wie San Gimignano auch genannt wird, ist unbezahlbar. Der Vollständigkeit halber kommen jetzt aber noch Bilder des Hotels da Graziano, das alles in allem weiterzuempfehlen ist.

Nach knapp 10 Minuten Fußmarsch erreichten wir die Porta San Giovanni, das 1262 fertiggestellt wurde und sofort waren wir mittendrin im Trubel der Touristen aus aller Herren Länder. Auf der Via San Giovanni, der Hauptstraße des Ortes, wenn man so will, waren wir gefühlt von tausenden Touristen umzingelt. Und alle wollten die Türme dieses legendären Ortes sehen. Früher waren es einmal 72 von diesen so genannten Geschlechtertürmen, deren Sinn und Zweck es war, vom Reichtum der Erbauer zu künden.

Auf der Via San Giovanni gibt es unzählige Geschäfte mit einer großen Auswahl. Teure Boutiquen mit Edelklamotten sind neben Lebensmittelläden, die mit dem typischen Wildschwein Kunden anlocken wollen. Man kann Gemälde kaufen, Keramik oder Souvenirs. Nachdem wir die ersten Mitbringsel für unsere Enkel gekauft hatten, war es Zeit für eine kleine Pause. Wir kämpften uns bis zur Piazza della Cisterna durch und ergatterten einen Tisch beim Cafe Olmo. Weil auch noch Markttag war, war es noch enger als sonst und keiner wusste so recht wohin. Von unserem Tisch aus konnten wir das geschäftige Treiben der Marktkaufleute verfolgen. Dazu verwöhnten wir uns einem leckeren Tartufo-Eis.

Unser nächstes Ziel war die Piazza Duomo, wo gleich mehrere Sehenswürdigkeiten um die Gunst des Betrachters streiten. Zum einen die von außen eher unscheinbare Kathedrale Santa Maria Assunta, die im Jahr 1148 vollendet worden ist. Die größere Attraktion bilden aber zweifellos die Türme, von denen der höchste, der Torre Grossa mit seinen 54 Metern hervorsticht. Er ist übrigens auch der einzige, der noch bestiegen werden kann. Da ich mich in den letzten Tagen gut erholt hatte, war ich motiviert, diesen Turm zu erklimmen, allerdings wollte ich noch ein wenig warten, bis der Trubel etwas geringer sein würde.

Wir erkundeten zunächst die Gegend um die Kathedrale und gelangten in den Innenhof, wo uns ein Schild zum Ticketverkauf führte. Wir erstanden zunächst Eintrittskarten für den Dom, für den das Interesse scheinbar gering war, denn es fanden sich kaum Besucher in dieser prachtvoll ausgestatteten Kirche. Das Besondere sind die wundervollen Fresken, die an den Wänden zu sehen sind und Bilder des Alten und Neuen Testaments zeigen. Auch die 14 Säulen, die die Basilika unterteilen, sind sehr eindrucksvoll.

Im Anschluss ging es zurück in den Touristenstrudel, wir schlenderten noch die Via San Matteo hinunter bis zum gleichnamigen Tor, wo es aber bedeutend ruhiger war. Hier kamen wir u.a. auch an den Salvucci-Türmen vorbei. An der Porta San Matteo endete die Fußgängerzone und wir kehrten zurück zur Piazza della Cisterna, wo im Jahr 1287 ein Brunnen mit monumentaler Brüstung geschaffen wurde. Dieser ist immer von vielen Touristen belagert, so dass ich auf die Dienste der Fotosoftware zurückgreifen musste, um vorzeigbare Ergebnisse zu erzielen. Vor meinem Aufstieg auf den Turm machten wir abermals eine kurze Pause und erfrischten uns zur Abwechslung einmal mit einem Limoncello Spritz, der aber nach unserem Dafürhalten bei Weitem nicht mit dem Aperol mithalten kann.

Aber dann gab es kein Halten mehr, der Torre Grossa wartete auf mich. Im Museumsshop erstand ich ein Ticket zum reduzierten Preis für Rentner in Höhe von 7,00 Euro.  Es handelt sich um eine verwinkelte Anlage, man weiß nie so genau, wo man sich eigentlich befindet. Glücklicherweise sah ich immer andere Touristen, die Ähnliches im Sinn hatten wie ich, wenngleich sich die Zahl derer, die nach oben stiegen, doch sehr in Grenzen hielt.

Im Vergleich zu meiner letzten Turmbesteigung in Montepulciano war das hier fast erholsam. Das Treppenhaus war ziemlich breit und die Stufen nicht allzu hoch, so dass man gut gehen konnte. Insgesamt waren es 263 Treppen, wobei ich die allererste Stufe am Eingang zum Museum schon mitgezählt habe, anderen Zählungen zufolge sind es, bezogen ausschließlich auf den Turm 215. Bevor man den Aussichtspunkt erreicht, muss man noch eine etwa 15 Stufen umfassende Metallleiter erklimmen. Aber wenn man oben angekommen ist, sind alle Anstrengungen vergessen und man wird mit einer Aussicht belohnt, die einfach atemberaubend ist. Der Wind blies heftig, um nicht zu sagen stürmisch, aber das änderte nichts an den großartigen Aussichten, an denen ich mich ein paar Minuten erfreuen durfte.

Im linken Bild sehen wir die Salvucci-Türme, rechts außen ist der mit 51 Metern Höhe zweithöchste Turm von San Gimignano zu erkennen, der Rognosa-Turm.

Vom Torre Grossa hat man auch einen fantastischen Blick auf die Piazza della Cisterna mit dem markanten Brunnen, der um diese Zeit schon deutlich geringer bevölkert war. Und dann hatte ich noch einen Ausblick auf ein Landgut in größerer Entfernung, das mir aber trotzdem sehr gut gefallen hat.

Auf dem Weg nach unten sah ich mir noch den berühmten Sal del Consiglio an, besser bekannt unter dem Namen Dante-Saal. Hier ist u.a. ein Freskenzyklus mit der thronenden Muttergottes mit Kind von Lippo Memmi zu bewundern.

Als ich mich nach etwa einer halben Stunde wieder bei meiner Frau zurück meldete, war auch der Hunger da. Wir gingen die paar Meter zurück zur Piazza della Cisterna und suchten uns ein gemütliches Restaurant am Rand der Piazza. Ich bestellte eine Bruschetta mit Zwiebeln und Schinken und trank dazu ein Bier.

Mittlerweile war es in der Stadt deutlich ruhiger geworden, da die meisten Tagestouristen San Gimignano wieder verlassen hatten. Auf dem Rückweg kamen wir auch wieder an der Kirchenruine San Francesco vorbei, auf die man jetzt freie Sicht hatte. Im Hotel angekommen, hatten wir unser Soll mit mehr als 9.000 Schritten wieder mehr als erfüllt.

Einen bildgewaltigeren Tag als heute hatten wir in den vergangenen mehr als zwei Wochen selten erlebt. Morgen würde es sicher wieder etwas ruhiger werden, wenn wir Monteriggioni mit seinem imposanten 570 Meter langen Mauerring besichtigen. Kommen Sie mit!

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