Donnerstag, 9 Mai 2024

Heute freuten wir uns tatsächlich schon auf das Frühstück, weil wir wussten was uns erwartete. Leider war Maurizio, der Gastgeber, verreist, so dass wir von seinem Neffen Mattia bewertet wurden, aber wir saßen wieder auf demselben Tisch und wurden auch wieder mit den Köstlichkeiten beglückt, die wir schon am Vortag genießen durften. Der heutige Tag verlangte nämlich außerordentliche Anstrengungen, so dass eine gute kulinarische Grundlage unbedingt erforderlich war.

Wir fuhren heute zunächst nur knappe sechs Kilometer in östlicher Richtung. Bevor wir Pienza den Rücken kehrten, machten wir einen kurzen Fotostopp an der Porta al Ciglio. Und auch auf der Straße nach Monticchiello boten sich uns wieder schöne Aussichten, die wir natürlich nicht ignorieren konnten.

Wenige Minuten später kam dann, auf einer Anhöhe gelegen, das Dörfchen Monticchiello in unser Blickfeld. Ich stellte den Wagen am Straßenrand ab und machte ein Foto von der Festungsmauer.

Dann fuhren wir weiter zum Parkplatz, auf dem lediglich eine handvoll Fahrzeuge standen. Ein Indiz, dass der gerade 200 Seelen zählende Ort wohl nicht überlaufen sein würde. Trotzdem war das Sightseeing auch heute wieder schwierig, weil Bergdörfer nunmal die Angewohnheit haben, auf Anhöhen, Hügeln oder eben Bergen zu liegen. Daher war auch heute wieder Kondition gefragt.

Wir gingen durch menschenleere Gassen und Straßen und kamen bald zur Pfarrkirche SS. Leonardo e Christoforo, die ein interessantes Zeugnis einer prachtvollen Vergangenheit des Ortes ist. Auch das Stadttor Porta Sant'Agata ist ein lohnendes Motiv.

Noch etwa einer Stunde verließen wir die bergigen Gassen von Monticchiello und machten uns auf die Weiterfahrt nach Montepulciano. Die Stadt, die mit ca. 14.000 Einwohnern schon etwas größer ist, erhebt sich auf einem Kalksteinhügel und macht schon von Weitem eine gute Figur.

Und wer geglaubt hatte, Monticchiello wäre steil, der wurde in Montepulciano schnell eines Besseren belehrt. Es war schon schwer genug, überhaupt einen Parkplatz zu finden, von denen es eigentlich jede Menge gibt. Ich entschied mich für den "Parcheggio 6" an der Via delle Case Nuove. Und der hatte es wahrlich in sich. Hier musste man das Parkhaus zunächst im Erdgeschoss durchfahren, gelangte dann für wenige Meter wieder ins Freie, um kurz darauf eine 180 Grad-Kurve zu fahren, über die man in die erste Etage kam. Die Einfahrt war geradezu abenteuerlich, weil man praktisch blind hineinfahren musste, derart steil war es hier. Aber es hat alles glücklicherweise gut geklappt und ich konnte unseren Wagen in einem der Plätze, die auch noch ziemlich eng waren, abstellen. Ein freundlicher Einheimischer erklärte mir dann auch noch die Funktionsweise des Parkscheinautomaten, so dass wir ruhigen Gewissens die Stadtbesichtigung starten konnten. 

Schon unser erstes Ziel, die Piazza Grande, war nur sehr schwer zu erreichen, weil sie erstens relativ weit von unserem Parkplatz entfernt war und der Weg nach oben schon sehr anspruchsvoll war. Nachdem es nun schon Mittag war, wurde es Zeit für einen kleinen Imbiss. Wir suchten uns einen freien Tisch einer Bar auf einem der schönsten Plätze Italiens. Hier hat man den Dom, der im 16. Jahrhundert gebaut wurde und den Greif- und Löwenbrunnen, der aus dem Jahr 1520 stammt, im Blick. Die Kulisse im historischen Zentrum ist wirklich wunderschön. Wir bestellten uns unseren obligatorischen Aperol Spritz, dazu gab es die üblichen Bruschette.

Im Anschluss schlenderten wir ein Stück die Via Ricci hinunter, vorbei am Teatro und einigen Palazzi, um festzustellen, dass wir den Weg natürlich auch wieder in umgekehrter Strecke, dann allerdings bergauf, zurücklegen müssen. Ich entschied daher, alleine weiter zu gehen, da ich unbedingt noch die Kirche San Agostino sehen wollte, deren Bau mehr als zwei Jahrhunderte in Anspruch nahm. Auch am Uhrturm, dem Torre di Pulcinella, bin ich vorbeigekommen.  

Ich schlenderte noch etwas weiter, warf den einen oder anderen Blick in diese typisch toskanischen Gassen, wo die Pflanzkübel bei den Haustüren stehen, schmale Treppen zum Eingang führen oder einfach nur Wäsche am Fenster getrocknet wird. Auch an einer Marienstatue habe ich kurz innegehalten. Sie wurde offensichtlich im Jahr 1957 dort aufgestellt, meinem Geburtsjahr.

 

Irgendwann habe ich in dem Gassenwirr auch die Orientierung verloren und habe daher nach einem Punkt gesucht, der mir bekannt vorkommt. Ich bin dann an der Außenfront der Stadtmauer gelandet. Hier sieht man wie gewaltig die Befestigungen der Stadt waren und heute noch sind.

Durch mein Abweichen vom ursprünglichen Weg lernte ich zwar noch einige andere Facetten der Stadt kennen, aber ich bin dabei wohl unbewusst zwei oder sogar drei Ebenen tiefer gelandet als geplant. Es half alles nichts, ich musste irgendwie nach oben kommen. Glücklicherweise haben die Baumeister im Mittelalter schon an die Touristen von heute gedacht und kurzerhand Treppenaufgänge durch die Häuserschluchten gebaut. Das sah dann so aus wie auf den folgenden Bildern:

Nachdem meine Frau schon etwas unruhig wurde, rief sie mich an, um nach meinem Verbleib zu fragen. Nur wenige Minuten später kam ich völlig entkräftet an der Piazza Grande an. Ich erholte mich allerdings auch wieder schnell, dann fiel mein Blick auf den imposanten Turm des Palazzo Kommunale. Der wollte schließlich erstiegen werden und so  zahlte ich die 5 € für ein Ticket und begab mich auf den Weg nach oben. Leider hatte ich den Fehler gemacht, meinen Rucksack nicht an der Kasse abzugeben. Der stellte sich im weiteren Aufstieg nämlich als zum Teil mehr als hinderlich heraus. Das lag zum einen an den immer schmaler werdenden Stufen und an den engen Kurven. An einer Stelle kam ich auch am Uhrwerk des Turms vorbei, wo es so flach war, dass ich den Kopf einziehen und mehr oder weniger auf allen Vieren kriechen musste. Die letzten Meter waren schließlich nur über eine Metallleiter zu erklimmen. Belohnt wurde ich aber dann mit einer fantastischen Aussicht, nicht nur über den Piazza Grande sondern über den ganzen Ort Montepulciano, wo ich auch unter anderem einen schönen Blick auf die Kirche San Biagio hatte. Diese stand ebenfalls noch auf unserer Besichtigungsliste.

Um den Rückweg zum Parcheggio 6 zu finden, diente uns ein Foto, das wir glücklicherweise gemacht hatten, als Ansatzpunkt. Gegen 14.30 Uhr verließen wir den historischen Kern von Montepulciano, wir hatten also drei Stunden hier verbracht. Und diese Stunden waren vollgepackt mit unvergesslichen Erinnerungen. Der Weg aus dem Parkhaus heraus war immer noch genauso abenteuerlich wie drei Stunden zuvor, aber jetzt etwas entspannter. Mit Hilfe des Navis ging es durch das übliche Straßen- und Gassengewirr zum Tempel von San Biagio.

Die Zufahrt zur Kirche ist für sich betrachtet schon ein kleines Meisterwerk, handelt es sich hier doch um eine elegante Zypressenallee, die so schön ist, dass man die Kirche fast vergessen könnte. Beim Tempel selbst handelt es sich aber wahrlich um ein Meisterwerk der italienischen Architektur der Renaissance, das zwischen 1518 und 1548 erbaut wurde. Die folgenden Bilder sprechen für sich.

Nachdem wir die Kirche verlassen hatten, war es Zeit für die Rückfahrt. Was uns jetzt noch fehlte, waren ein Panoramabild von Pienza und von der elegant geschwungenen und mit Zypressen bestückten Straße, der so genannten Cypress Road an der SP 40 in der Nähe von La Foce. Am späten Nachmittag waren die Lichtverhältnisse gut und so stand entsprechenden Ergebnissen nichts mehr im Weg.

Damit war der Besichtigungsmarathon dieses Tages bewältigt und wir fuhren zurück zum Quartier, stellten unser Auto ab und gingen die wenigen Meter zu Fuß in die Stadt zu unserem Stammplatz, von wo man einen herrlichen Blick in das Val d'Orcia hat. Die Sonne schien auch noch kräftig an diesem herrlichen Tag und so schmeckte auch das kühle Bier nach mehr als 13.000 zurückgelegten Schritten hervorragend.

Der Aufenthalt in Pienza neigte sich damit seinem Ende zu. Wir haben wunderbare Tage genießen dürfen und freuten uns jetzt auf die nächsten Ziele. Unsere große Toskana-Rundreise führt uns morgen noch weiter in den Süden nach Pitigliano. Bevor wir dort ankommen würden, standen aber noch Besichtigungen in den Bagni San Filippo und der Abtei Sant'Antimo auf dem Programm. Sind Sie neugierig geworden? Dann kommen Sie einfach mit!

Start Reisebericht San Filippo und Sant'Antimo Montalcino und Val d'Orcia

 


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