Sonntag, 22. Juli 2018 (Alesund sowie Geiranger, Norwegen)

Die Distanz zwischen Tromsö und Alesund betrug 590 Seemeilen und die hatte die Artania bis 7.00 Uhr morgens hinter sich gebracht.

Wir kamen wirklich sehr früh an in der Stadt, die auf dem Meer zu schwimmen scheint. Davon sahen wir heute aber leider nicht viel, denn es war, entgegen der anderslautenden Vorhersagen, bedeckt. Eben typisch norwegisch! Draußen roch es ziemlich streng und es gab somit keinen Grund für uns, länger als notwendig auf dem Promenadendeck zu verweilen. Der Stopp in Alesund war nötig, weil eine Überlandfahrt zum Geiranger mit Dalsnibba angeboten wurde und die Teilnehmer dieser Fahrt in Alesund von Bord gingen.

Jetzt stand die Artania in unmittelbarer Sichtweite zum Aussichtsberg Aksla und doch wirkte heute alles irgendwie trist. Der Zauber, den die Stadt, dessen Zentrum bei einem Brand im Jahr 1904 fast komplett zerstört worden war, ansonsten ausübt, blieb weitgehend im Verborgenen.

Ich beobachtete noch das Einholen der Gangway und dreht ein kurzes Filmachen vom Auslaufen.

Dann gingen wir einigermaßen emotionslos frühstücken und ließen die Landschaft weitgehend unbeachtet an uns vorbeigleiten. Wir trösteten uns mit den schönen Erinnerungen an Alesund aus dem Vorjahr, als wir mit dem Wohnmobil ebenfalls hier Station gemacht hatten und beste Aussichten vom Aksla genießen konnten. Immer kann man eben auch kein Glück haben. Völlig kalt ließ uns die Ausfahrt aber trotzdem nicht und deshalb machten wir nach dem Frühstück doch noch einige Aufnahmen der zum Greifen nahen Landschaft. Ein Schiff von Pullmantur kam uns dabei auch entgegen.

 

Gespannt waren wir auf die Backstage Führung um 11.00 Uhr. Dazu hatten wir am Vorabend eine Einladung des Ensembles erhalten. Kurz vor dem Termin standen wir am Eingang der Atlantic Show Lounge, wo wir von Melanie Bayer, der Partnerin von Kathrin Wiedmann-Gleiß abgeholt wurden.

Sie war in Begleitung einiger Ensemble-Mitglieder. Es begann mit einem Blick in den Raum, wo sich die gesamte Technik befindet. Bei der umfassenden Renovierung und Umgestaltung der Artania im November 2017 wurden u.a. auch die Räumlichkeiten der Show Lounge einschl. der Technik neu gestaltet. Staunend standen wir vor den Schaltpulten, die mit Knöpfen und Reglern übersät sind. Mit gefiel vor allem der Blick auf die Bühne, der war von hier oben ungetrübt. Melanie Bayer führte uns anschließend auf die Bühne, die auf dem neuesten Stand der Technik ist, u.a. ausgerüstet mit einer Drehscheibe, auch Effekte wie Nebel u.ä. können in die Shows eingebaut werden.

Hinter der Bühne werden fein säuberlich die gesamten Requisiten verstaut, so sahen wir u.a. das Motorrad, das bei der „Queen“-Show auftauchte oder die ABBA-Buchstaben und vieles andere mehr. Auch die Garderobe mit einer kaum überschaubaren Anzahl von Kostümen konnten wir uns ansehen und schließlich verriet uns Melanie auch, wo die letzten Schritte geprobt werden, bevor es auf die Showbühne geht (Foto unten rechts).

Wir konnten uns auch die Pläne ansehen, die alle Tanzschritte enthalten. Es war alles sehr beeindruckend und es nötigte uns ungemeinen Respekt ab über die Leistung der Künstler, die schier Unglaubliches vollbringen. In nur wenigen Wochen müssen sie sich Texte, Melodien, Schrittfolgen usw. einprägen. Während dieser Reise hatten wir das unglaubliche Glück, mehrere Premieren erleben zu dürfen. Es war jedes Mal eine Freude! Nach einer Stunde durften wir dann noch Fotos von den Künstlern machen und wir gingen um eine Erfahrung reicher ins Lido Büffet-Restaurant auf ein schnelles Mittagessen, denn die Durchfahrt des Geirangerfjordes wollten wir keinesfalls verpassen.  

Anschließend suchten wir uns Plätze zum Fotografieren und Staunen, wanderten auf dem Promenadendeck hin und her und wechselten die Standorte von Deck 4 auf Deck 5 oder Deck 6. Die Artania schlug kurz vor Hellesylt einen scharfen linken Haken und bog in den Geirangerfjord ein. Viele halten ihn für den Fjord der Fjorde, vielleicht auch deshalb weil er vermutlich viel häufiger befahren wird als der Naeroyfjord, der ebenfalls zum Weltkulturerbe gehört.

Aber zweifellos ist der Geirangerfjord an einem halbwegs sonnigen Tag ein echter Hingucker und so genossen wir die Vorbeifahrt an den „Sieben Schwestern“, deren Rinnsal allerdings eher ein Trauerspiel war. Im Rahmen unserer "Puffin-Tour 2012" sah das noch ganz anders aus. Da hatte der "Freier" doch deutlich mehr an Wassermassen zu bieten.  

Wir bestaunten die hoch über dem Fjord liegenden längst verlassenen Bauernhöfe und fragten uns ein ums andere Mal, wie es den Menschen überhaupt möglich war, hier zu (über)leben. Wir kamen an der Adlerkehre vorbei und dann sahen wir auch schon das Örtchen Geiranger, das in schöner Regelmäßigkeit in den Sommermonaten von Passagieren unzähliger Kreuzfahrtschiffe geflutet wird. Wir hatten noch Glück, denn außer uns waren „nur“ die MS Berlin und die Aidasol vor Ort, Schiffe also mit überschaubaren Kapazitäten.

 

War das Wetter bei unserer Abreise aus Alesund noch ziemlich bescheiden, änderte sich das nun fast schlagartig. Wegen des Gegenlichts war es sogar schwierig, brauchbare Fotos zu machen, aber das ist nun wirklich Jammern auf sehr hohem Niveau. Es ist ein immer wieder erhebendes Gefühl, wenn man mit einer Fähre oder einem Schiff die letzten Meter Richtung Geiranger zurück legt. Besonders freute ich mich über die Begegnung mit der MS Berlin, mit der wir im Jahr 2013 die unvergessliche "Dionysos-Tour" machen durften.

Um 13.45 Uhr sollte die Gruppe für den ersten Ausflug von Bord gehen. Gäste ohne gebuchten Ausflug durften erst um 15.15. Uhr von Bord. Da wir planten mit dem Elektromobil zum Dalsnibba hochzufahren, hatten wir Angst, daß die Zeit nicht reichen würde. Ich fragte daher bei Konstantin Patschke nach, ob wir evtl. mit dem ersten Schwung mitfahren dürften und nachdem noch Plätze frei waren, nutzten wir die Gunst der ersten Stunde. Im Tenderboot holte mich dann eine schreckliche Erkenntnis ein: ich hatte meinen Führerschein im Bordtresor vergessen. Der Supergau! Eine Nachfrage beim Anbieter in Geiranger ergab lediglich die Gewissheit, dass ohne gültigen Führerschein das E-Mobil nicht gemietet werden kann. Das steht im Übrigen natürlich auch auf der Homepage des Anbieters, aber gegen Vergesslichkeit ist leider kein Kraut gewachsen.

Mir blieb also nichts anderes übrig, als umgehend wieder zur Artania zurückzukehren. Herr Patschke sah mich erstaunt an, als er mich nur 20 Minuten später wieder an Bord kommen sah. Im Laufschritt ging es zur Kabine, Führerschein aus dem Tresor geholt und mit dem übernächsten Tenderboot durfte ich auch schon wieder an Land. Die Aktion hatte etwa 45 Minuten gedauert. Da der letzte Einschiffungstermin erst um 20.00 Uhr war, sollte uns die verbleibende Zeit genügen.

Wir erhielten eine ausführliche Einweisung in das wirklich drollige Gefährt, das über keine Seitenfenster verfügt und in dem man sich vorkommt wie in einer Sardinenbüchse. Als Fahrer hatte ich immerhin die Poleposition, meine Frau saß buchstäblich eingezwängt hinter mit und musste auch noch den Rucksack und die Fototasche irgendwie unterbringen. Dann ging es los. Gemächlich zuckelte der Renault Twizy, der sofort auffiel, die Serpentinen nach oben. Schneller als etwa 30kmh sollte ich nicht fahren, andernfalls würde die Batterie leer sein, bevor wir unser Ziel erreicht hätten. Wir sollten, auch darauf wurden wir aufmerksam gemacht, auch nicht anhalten. Zwangsläufig wurde ich also immer wieder von anderen Verkehrsteilnehmern überholt. Die Handhabung des E-Mobils war im Übrigen denkbar einfach, auch wenn die Lenkung etwas schwerer zu bedienen war als vermutet.

Je höher wir fuhren, umso kühler wurde es. An der Zahlstelle zum Dalsnibba waren wir gehalten, die mittlere Spur zu benutzen. Die E-Mobile verfügen standardmäßig über einen Chip in der Windschutzscheibe, der an den Schranken, die sich nach langsamer Annäherung öffnen, erkannt wird. Praktisch. Als wir den gut gefüllten Parkplatz erreichten, betrug der Batteriestand noch 20%. So wie vom Vermieter vorhergesagt. Kaum hatte ich unser Gefährt geparkt, waren wir auch schon von zahlreichen amerikansichen Touristen umringt, die Vergleichbares wohl noch nie in ihrem Leben gesehen hatten. Einer filmte meine Frau sogar dabei, wie sie umständlich vom Rücksitz ins Freie zwängte. Von einigen wurde ich gefragt, was es denn mit diesem Fahrzeug auf sich hätte.

Aber dann hatten wir endlich Zeit, die Aussicht vom 1.495 Meter hohen Dalsnibba zum Geiranger zu genießen. Die Lichtverhältnisse waren zwar nicht optimal, aber es kam immer wieder mal die Sonne hinter den Wolken hervor und wir genossen die Zeit hier oben.

Dann machten wir uns auf den Rückweg. Mittlerweile beherrschten wir Ein- und Ausstieg schon ganz gut, es gab keine Probleme. Bei der Fahrt nach unten lädt sich die Batterie von selbst wieder auf und daher kann man auch an bestimmten Aussichtspunkten halten und fotografieren. Obwohl Sonja nicht viel Bewegungsfreiheit hatte, konnte sie doch die eine oder andere Aufnahme während der Fahrt machen.

Wir legten am Flydalsjuvet eine Pause ein. Von hier war die Sicht auf den Fjord fast ungetrübt und natürlich versorgten wir unsere Speicherkarten mit weiterem Material. Das eigentlich angedachte Spaßfoto, das mich auf dem Felsvorsprung zeigen sollte, während der Fjord im Hintergrund zu sehen ist, scheiterte an der Realität. Man müüste dazu einen Zaun überwinden und auf einem schmalen Grat einen Standplatz suchen. Auf dem folgenden Bild sieht man rechts eine Person, die genau das versucht. Halsbrecherisch und nicht zu empfehlen. Uns reichten daher die normalen Aufnahmen, die die Schönheit des Fjords hoffentlich spannend genug wiedergeben.

Kurz nach 18.00 Uhr erreichten wir Geiranger und gaben unser kleines Zaubergefährt wieder zurück. Auch wenn uns das Vergnügen 200,00 Euro gekostet hat, es war ein herrlicher Spaß und ich hätte mich in Grund und Boden geärgert, wenn ich meinen Führerschein nicht geholt hätte.

Der Ort Geiranger zähl ja nur etwa 250 Einwohner und ist daher sehr übersichtlich. Aber wenn es windstill ist, die Lichtverhältnisse gut sind, dann muss man den Augenblick nutzen. Die Wasserspiegelung auf dem folgenden Bildern ist doch mehr als gelungen.

Auf den ursprünglich geplanten Wasserfallspaziergang über 327 Stufen verzichteten wir. Stattdessen machten wir etwas, was immer wieder empfohlen wird: erst verspeisten wir einen fetten Hamburger vom Verkaufstand an den Anlegestellen für die Tenderboote und anschließend ein Softeis mit „Tuttifrutti“-Streusel. Schöön!

Während man sein Softeis genießt, kann man auch die zu- und abfahrenden Tenderboote beobachten. Unseren Freund, dem Riesentroll, machten wir ebenfalls unsere Aufwartung und das eine oder andere schmucke Häuschen musste auch noch fotografiert werden. Wir hatten außerdem die Aidasol direkt vor unserer Nase, deren Architektur uns auch nicht gerade vom Hocker riss, dabei ist das noch eines der älteren Schiffe.

Die Abfahrt aus Geiranger stand um 20.00 Uhr an, es war also genügend Zeit, um in Ruhe das Abendessen einzunehmen, bei dem wir uns mit einer Vorspeise und einer Suppe begnügten, wir zehrten noch vom Hamburger. Die Ausfahrt selbst verfolgten wir dann vom Ldio-Deck aus. Die Temperaturen waren mehr als angenehm und so verabschiedeten wir uns von einem weiteren Sehnsuchtsort dieser Reise. Jetzt sah ich auch den im Fels versteinerten Troll, der uns argwöhnisch zu beobachten schien.

Als es kühler und windiger wurde, verzogen wir uns ein Deck tiefer in den dort stehenden Strandkorb. Er schien förmlich auf uns zu warten, denn zunächst war außer uns niemand hier. Also machten wir es uns bequem und verfolgten die weitere Ausfahrt aus dem Fjord.

Die ganze Schönheit des Geirangerfjords zeigt sich auch in dem folgenden Film, den unser Mitreisender Thomas mit seiner Actioncam gedreht und mir dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat.

Pünktlich zum Sonnenuntergang gegen 22.46 Uhr zogen wir uns ebenfalls auf die Kabine zurück. Ein weiterer herrlicher Tag dieser Reise ging zu Ende. Bis zum letzten Hafen der Reise in Bergen hatte MS Artania noch 222 Seemeilen zurückzulegen.

 

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