Freitag, 20. Juli 2018 (Tromsö, Norwegen)
Von Honningsvag nach Tromsö waren es gerade mal 177 Seemeilen. Eindeutig zu kurz, um auszuschlafen. Zum Frühstück ins Vier Jahreszeiten schafften wir es daher heute nicht mehr so gingen wir erstmalig während dieser Kreuzfahrt zum Frühstücken ins Lido Büffet-Restaurant auf Deck 8. Die Idee zum Langschläfer Frühstück hatten allerdings auch viele andere und so hatten wir Glück, dass wir überhaupt zwei Plätze ergatterten.
Die Stühle waren hier nicht ganz so stylisch wie einige Decks weiter unten, aber sie waren bequem, es gab viele Fensterplätze und das Angebot ist im Übrigen das Gleiche wie in den anderen Restaurants auch. Die Eierspeisen kann man sich gleich selber holen und dabei zusehen wie sie von geschulten Händen zubereitet werden, auch der Service arbeitete schnell und hatte immer ein Auge auf die leeren Kaffeetassen, um sie eiligst neu zu befüllen. Und doch sah man gerade hier oben vielleicht den gravierendsten Unterschied zur Amadea. Auf dem deutlich kleineren Traumschiff hatten wir selbst im Büffet-Restaurant nie Probleme einen Platz zu finden, Gedränge gab es dort praktisch nie, das sah hier doch etwas anders aus, auch wenn es letzten Endes sicher keinen Grund zur Klage gab.
Der Weg von Honningsvag nach Tromsö war wie bereits geschrieben kurz. Die Route wäre auch ausgesprochen interessant und abwechslungsreich gewesen, weil die Artania immer in Sichtweite zum Land unterwegs war, aber das Wetter wollte nicht so recht mitspielen, es blieb fast immer bedeckt und die Sicht war nicht berauschend. Das war leider auch in Tromsö, der Heimatstadt unseres Kapitäns so. Schöne Fotos von der Stadt, die auf der Insel Tromsoya liegt und die mit dem Festland über die Tromsöbrua (Länge 1.036 Meter) verbunden ist, sind daher Mangelware.
Unser Ausflug „Tromsö mit Eismeerkathedrale und Polaria Erlebniszentrum“ begann um 13.45 Uhr. Wir fuhren mit einem Bus, der normalerweise im städtischen Linienverkehr eingesetzt ist. Der hatte den Vorteil, dass er über einen großzügigen Mitteleinstieg verfügte. Rollstuhlfahrer und ältere Passagiere mit Rollator konnten hier problemlos mitfahren. Begrüßt wurden wir von einem jungen Mann, der sich als Bram vorstellte, eigentlich Ökonomie studiert und sich als Reiseleiter ein Zubrot verdient. Denn wie wir bald erfuhren ist Tromsö eine sehr teure Stadt, so muss man für eine Studentenbude mit nicht mal 20 Quadratmetern im Zweifel schon 500 bis 600 Euro hinblättern. Und Studenten gibt es in der etwa 70.000 Einwohner zählenden Stadt sehr viele, nämlich etwa 17.000. Für die jungen Leute ist in Tromsö aber auch Einiges geboten, nicht nur die Universität, an der jeder fünfte Student aus dem Ausland kommt. Es gibt viele Kneipen, Bars und Restaurants und die nördlichste Brauerei der Welt, aber auch der Gerstensaft ist für unsere Verhältnisse geradezu unbezahlbar: für einen halben Liter Bier sind etwa 9 bis 10 Euro fällig, da kann man schon mal zum Teetrinker werden.
Während die meisten norwegischen Küstenstädte im zweiten Weltkrieg von der deutschen Wehrmacht dem Erdboden gleichgemacht wurden, blieb Tromsö verschont. So sieht man in der autofreien Storgata noch viele Wohn- und Geschäftshäuser aus dem 19. Jahrhundert.
Den Kontrast dazu bieten das hochmoderne neue Rathaus, die Eismeerkathedrale, die wir später noch genauer sehen würden oder das Polaria Erlebniszentrum, zu dem wir jetzt fuhren. Leider gab es keinen Fotostopp, um wenigstens ein paar Häuser der Innenstadt fotografieren zu können, aber dafür war der Ausflug einfach zu kurz getaktet.
Schon der Bau des Polaria ist nicht alltäglich, er symbolisiert gestapelte Eisschollen.
Wir erlebten darin die Welt der Pole hautnah. Im Kino wurde ein 15-minütiger Film über Flora und Fauna im hohen Norden gezeigt. Einiges davon, so die Eis- und Gletscherwelt auf Svalbard, hatten wir in den vergangenen Tagen selbst sehen dürfen. Der zweite Film, etwa 8 Minuten über die Nordlichter, zierte sich anfangs, denn die Technik streikte, am Ende sahen wir ihn dann aber doch.
Darüber hinaus kann man im Aquarium auch noch viele Nordmeerfische und Robben bewundern. Es war schön sie zu beobachten, aber schwierig sie auch zu fotografieren.
Schließlich hatten wir auch noch Zeit den Souvenirshop zu durchforsten und siehe da, wir fanden doch glatt „unser“ Wunschbuch „Norge“ mit dem spektakulären Titelbild. Jetzt hatten wir eben zwei Bücher.
Den letzten Stopp machten wir dann an der Eismeer-Kathedrale, dem Wahrzeichen der Stadt. Sie wurde von Jan Inge Hovig entworfen und im Jahr 1965 in Form eines hohen Dreiecks gebaut und gilt als moderne Interpretation einer herkömmlichen Stabkirche. Man könnte allerdings auch die typischen Trockengestelle für den Stockfisch damit in Verbindung bringen. Im Inneren ist Weiß die alles beherrschende Farbe, überhaupt ist der Lichteinfall hier sehr stark, der durch die ungewöhnliche Architektur begünstigt wird. Am meisten beeindruckt allerdings das ebenfalls dreieckige riesige Mosaikfenster mit dem Titel "Die Wiederkehr Jesu", das erst ein paar Jahre nach der Fertigstellung der Kirche eingesetzt wurde. Es handelt sich hierbei um eines der größten Glasgemälde Europas.
Weil die erste Orgel viele Mängel hatte, wurde im Jahr des 40-jährigen Bestehens (= 2005) eine neue eingeweiht.
Einen kurzen Film dazu gibt es auch:
Da noch etwas Zeit blieb, sprintete ich auf die Brücke vor der Kirche, um noch ein paar Bilder vom Hafen und der Stadt zu machen.
Auf dem Weg zurück zum Hafen konnten wir die Schönheit von Tromsö durch die Scheiben des Busses leider nur erahnen. Einmal hielt der Fahrer kurz an, um uns Aufnahmen einer Rentierherde, die mitten in der Stadt unterwegs war, zu ermöglichen. Leider waren unsere Plätze für gute Fotos auf der falschen Seite. Aber immerhin hatten wir zu guter Letzt noch die Möglichkeit, wenigstens die Artania abzulichten.
Die dreieinhalb Stunden vergingen fast wie im Flug und auch unser junger Reiseleiter trug durch sein Tempo und seinen Witz sehr zum Gelingen des Ausflugs bei. Pünktlich zum Abendessen waren wir wieder zurück am Schiff, so dass gerade noch Zeit zum Umziehen und frischmachen blieb.
Wir saßen mittlerweile fast immer am selben Tisch mit zwei weiteren Ehepaaren, die ebenfalls sehr frühzeitig essen wollten, um dann zügig in die Showlounge zu wechseln. Heute war es nämlich fast noch krasser als vorgestern vor der ABBA-Show. Auch heute standen wir wieder an, diesmal jedoch für Chris Kolonko in seiner Rolle als „Marlene Dietrich“.
Und heute wurden die Pforten bereits um kurz nach acht Uhr geöffnet, wir mussten also nicht lange anstehen und konnten es uns gleich in der zweiten Reihe außen bequem machen. Soweit ich das beobachten konnte, waren etwa gegen 20.30 Uhr fast alle Plätze belegt. Ein Umstand, der Tage vorher immer wieder thematisiert worden war, vor allem wegen der unsäglichen Platzreserviererei, die einige Zeitgenossen einfach nicht bleiben lassen können. Sogar im Tagesprogramm von heute war daher darauf hingewiesen worden, dass man derartige Praktiken doch tunlichst unterlassen möge. Ich weiß nicht, ob es geholfen hat.
Von unserem Platz, der seitlich erhöht lag, hatten wir jedenfalls beste Sicht auf die Bühne und damit auf Chris Kolonko, der, im schwarzen Hosenanzug gekleidet, als Marlene die Bühne betrat und uns deren Leben mit ihren Liedern näherbrachte. Je länger die Show dauerte, umso tiefer tauchte man auch als Zuschauer in die Welt der Marlene Dietrich ein. Chris sang die bekannten Klassiker wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ oder „Lilli Marleen“. Mir persönlich hat „Sag mir wo die Blumen sind“ am besten gefallen. Dazwischen erzählte er von Marlenes Leben zwischen Deutschland, den USA und Paris, wo sie am Ende einsam im Jahr 1992 starb. Das traurige Ende einer der wenigen deutschen Legenden wurde eindrucksvoll in der Show geschildert. Chris Kolonko versteht es, die Menschen mitzunehmen. Natürlich stellte sich auch Chris am Ende der Show vor dem Eingang für Schnappschüsse zur Verfügung.
Mit diesen Eindrücken verließen wir die Atlantic Lounge, auf den Late Night Snack verzichteten wir heute. Wir gingen auf unsere Kabine und erfreuten uns noch ein wenig am Sonnenuntergang.
Morgen hatten wir schon wieder einen Seetag, bevor übermorgen mit dem Geirangerfjord ein weiteres Highlight auf uns wartete.
Samstag, 21. Juli 2018 (Erholung auf See)
Nach einigen Tagen Ruhe war es heute wieder mal soweit. Kurz nach 4.00 Uhr hörten wir die bekannten Klopftöne. Ein kurzer Blick aus dem Fenster bestätigte die Befürchtung, dass die Arbeiter wieder ihren unsäglichen Reinigungstätigkeiten zu nachtschlafender Stunde nachgingen. Wir riefen umgehend an der Rezeption an, wo versprochen wurde, sich mit der Brücke in Verbindung zu setzen. Tatsächlich war der Spuk dann auch zehn Minuten später vorbei, aber wir waren leider wach und es dauerte bis wir wieder einschliefen.
Zum Glück hatten wir heute wieder einen Seetag, es stand nichts Besonderes an, d.h. nicht ganz, etwas änderte sich doch. Heute sollte es um 23.28 Uhr wieder einen Sonnenuntergang geben, weil wir den nördlichen Polarkreis überquert hatten und wir uns südlich bewegten. Und noch etwas wurde uns mitgeteilt: die Zwischenrechnung. Das war das Zeichen, dass die Kreuzfahrt bald zu Ende sein würde, genauer gesagt in vier Tagen. Wir überflogen die gesammelten Belege mit der Aufstellung, die wir in unserem Postkasten vorfanden. Es war alles in Ordnung, soweit wir das in der Kürze der Zeit feststellen konnten.
Neben den obligatorischen „Ausflügen“ zum Fotoshop und dem Arbeiten am Reisebericht gab es aber doch ein paar Fixpunkte, die es heute abzuarbeiten galt. Von 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr hatte das „Wiener Kaffeehaus“ seine Pforten geöffnet. Ein Besuch desselben ist eine erfreuliche Pflichtübung. Allein die Eisschnitzereien des Künstlers von den Philippinen lassen sogar die süßen Köstlichkeiten, die das Küchenteam wieder vorbereitet hat, für Minuten in den Hintergrund rücken.
Dann aber gibt es kein Halten mehr. Der Run auf Sacher- oder Linzer Torte, Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster und Topfenstrudel ist eröffnet und auch wenn wir alle noch vom Mittagessen satt sind, kann diesen Versuchungen kaum jemand widerstehen, es ist sogar schwierig, einen Platz im Vier Jahreszeiten zu finden.
Anschließend erholten wir uns von der Kalorienhatz beim Bingo, aber auch heute hatten wieder andere das Glück und gewannen den Jackpot. Bevor wir ins Vier Jahreszeiten zum Abendessen gingen, machten wir noch einen kurzen Schlenker in unsere Kabine. Im Briefkasten lag noch eine kleine Überraschung für uns bereit und zwar eine Einladung zur Backstage-Führung morgen um 11.00 Uhr. Diese Möglichkeit war vor ein paar Tagen im Tagesprogramm angeboten worden und ich hatte uns darauf hin umgehend telefonisch für diese Führung angemeldet.
Das Abendessen stand heute ganz im Zeichen der Philippinen.
Um 20.00 Uhr standen wir dann wie gewohnt wieder vor dem Eingang der Atlantic Show Lounge. „Mein Vater war ein Kapitän“ war das Motto des heutigen Abends, der von den Tänzern des Showensembles bestritten wurde. Zwischen den jeweiligen Tanznummern gab es kurze unterhaltsame Texte, die aus der Feder von Kathrin Wiedmann-Gleiß stammten, sie las diese auch vor.
So hatten die Tänzer in den kurzen Pausen Zeit für einen Kostümwechsel, denn es käme nicht besonders gut an, wenn man einen französischen Can Can im Kostüm für den Tango Argentino präsentiert. Die Choreografien waren wieder flott und die Premiere auch dieser Show war ein voller Erfolg. Tänzer und Zuschauer strahlten übers ganze Gesicht, was will man mehr.
Und weil alleine schon das Anschauen der Tänze Hunger machte, probierten wir im Anschluss in Harry’s Bar noch kleine Schnitzel mit Kartoffelsalat, die heute als Late Night Snack angeboten wurden. Dieses Ritual hatte sich in den letzten Tagen etabliert, es würde schwer sein, auf all das wieder verzichten zu müssen. Auch der vorletzte Seetag war durchaus wieder unterhaltsam, so dass uns nicht langweilig wurde. Jetzt freuten wir uns aber auf die Weiterfahrt nach Alesund und den Geirangerfjord, den letzten Höhepunkt der Reise.
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