Montag, 13. Mai 2024

Bei der in der Villa Vacasio vorherrschenden familiären, ja beinahe freundschaftlichen Atmosphäre blieb es nicht aus, dass man mit anderen Reisenden ins Gespräch gekommen ist. Für den heutigen Tag hatten wir ursprünglich geplant, an den Bolsena See zu fahren. Von anderen Gästen hörten wir dann, dass sie den Tarotgarten der Künstlerin Niki de Saint Phalle besichtigen wollten. Bei der Planung unserer Toskana- Rundreise war mir dieser Garten schon einmal untergekommen. Ich hatte jedoch Bedenken, er könnte zu weit abseits liegen. Nachdem wir jedoch noch einmal Google Maps zu Rate zogen, zerstreuten sich diese. Die Strecke betrug etwa 50 km, für die wir etwa eine Stunde benötigen würden. Die Tickets bestellte ich kurzfristig über die Hotline von Ticketlandia zum reduzierten Preis von 9,40 Euro. Der reguläre Preis für Nicht-Rentner beträgt 14,00 Euro. Da wir auf Nummer sicher und kein Risiko eingehen wollten, fuhren wir gut zwei Stunden vor der geplanten Einlasszeit los. Obwohl die Straßenverhältnisse, die wir nun schon zur Genüge kannten, auch hier alles andere als ideal waren, benötigten wir trotzdem nur eine Stunde nach Capalbio, das etwa 3.900 Einwohner zählt und zur Provinz Grosseto gehört. Der Parkplatz war bis auf einige Wohnmobile leer, bis zur Öffnung des Parks hatten wir noch gut eine Stunde Zeit, also fuhren wir in das nur wenige Kilometer entfernte Städtchen Capalbio, in der Hoffnung eine geöffnete Eisdiele oder Bar vorzufinden. Diese Hoffnung erwies sich leider als trügerisch, der Ort war wie ausgestorben und Cafes o.ä. gab es auch nicht. Wir fuhren also wieder zurück zum Parkplatz am Tarotgarten, wo wir im dazugehörigen kleinen Bistro noch einen kleinen Snack zu uns nehmen konnten.  Pünktlich um 14.30 Uhr wurde das Eingangstor geöffnet und, dem Online-Ticket sei Dank, wir konnten den Garten sofort betreten. Und dann tauchten wir ein in die Welt der Niki de Saint Phalle, die in dieser gottverlassenen Gegend ihren Lebenstraum verwirklicht hat. Zum Einstieg in das Thema zunächst ein kurzer Videoclip:

Die überlebensgroßen Figuren, die zum Teil begehbar sind, waren bereits nach wenigen Minuten Fußweg von weitem zu erkennen. Man könnte glauben, dass dem lieben Gott bei der Erschaffung der Erde ein paar Farbtöpfe aus der Hand gefallen sind, so viel Farbenpracht wurde hier in die Landschaft gesetzt, aber es war ein Mensch, der all das mit seiner Kreativität, seinem Ideenreichtum und wohl auch mit einer großen Portion Hartnäckigkeit geschaffen hat. Man muss kein Esoteriker sein, um die Fantasiewelt dieser Künstlerin zu verstehen. Wir waren jedenfalls begeistert von den farbenprächtigen, überdimensionalen Geschöpfen.

Zur besseren Orientierung im Garten verweise ich auf die interaktive Karte auf der offiziellen Webseite. Dort findet der interessierte Leser ausführliche Beschreibungen zu den Figuren: interaktive Karte! Um den Hintergrund besser zu verstehen, mag es nützlich sein, sich genauer mit dem Thema "Tarot" zu befassen. Material dazu findet sich einerseits auf der offiziellen Webseite, aber auch auf der Seite von "Toskana Vacanza". Wenn man weiß, dass die Arbeit an diesem Mega-Projekt 20 Jahre in Anspruch genommen hat, nähert man sich den Skulpturen vielleicht noch einmal in anderer Weise, demütiger und dankbarer. Den meisten mag der erste Blick genügen und man freut sich einfach über so viel Farbe, denn die Künstlerin wollte mit ihrem Tarotgarten vor allem einen "Ort der Freude" schaffen. Das ist ihr zweifellos gelungen. Jetzt aber lassen wir ihre Kunstwerke für sich sprechen. Zunächst eine Übersicht:

Wer Lust hat, kann die folgenden Bilder mit jener in der Übersicht vergleichen. Obwohl wir uns ziemlich lange im Garten aufgehalten haben, ist uns die Skulptur "Der Mond" wohl "durchgerutscht". Er befindet sich in der Nähe des Parkeingangs ganz links außen. Aber jetzt geht es weiter mit der Kunst von Niki de Saint Phalle.

In der folgenden Skulptur der "Kaiserin", die als Sphinx gestaltet wurde, lebte die Künstlerin ab 1983. Das Bett von Niki erreicht man über eine geschwungene Treppe. Hier wird man von einem Meer mit Spiegelscherben erwartet, die hier als künstlerisches Element verbaut wurden. Außergewöhnlich!

Bei vielen Skulpturen von Saint Phalle ist eine gewisse Nähe zu den Kunstwerken des spanischen Architekten Antoni Gaudi unübersehbar. Schon ab Mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts besuchte sie den Park Güell in Barcelona und holte sich dort die ersten Inspirationen. Am Ende entstand der Tarotgarten, der die Besucher hoffentlich noch viele Jahre in seinen Bann ziehen wird.

Natürlich konnte so ein riesiges Projekt nicht von einer einzigen Person allein realisiert werden. Niki wurde unterstützt von ihrem schweizerischen Ehemann Jean Tinguely und vielen weiteren Helfern. Ihnen allen kann gar nicht genug gedankt werden, denn es ist die Kunst, die unser aller Leben bereichert und in diesem Fall auch bunt macht.

Nach etwa zwei Stunden hatten wir alle Skulpturen und Kunstwerke gesehen und aus allen möglichen Blickwinkeln fotografiert. Unsere Farbsättigung hatte ihren Höhepunkt erreicht und so kehrten wir mit vielen Bildern im Kopf und auf dem Smartphone zurück nach Pitigliano. Wir freuten uns auf unser letztes gemeinsames Abendessen im Kreis der Gäste der Villa Vacasio. Daher gönnten wir uns noch ein Fläschchen des ausgezeichneten Bio-Weißweins, der uns besonders gut geschmeckt hat, weil er praktisch keine Säure hatte. Auch das von Marco servierte Menü mundete vorzüglich. Es gab eine üppige Schinkenplatte, anschließend Tagliatelle mit Ragout und als Hauptgang schließlich Rindfleisch mit Rotkrautsalat. Den Abschluss bildete ein Stück hausgemachter Kuchen. Dann plauderten wir noch ein wenig mit unseren Mitreisenden und verabschiedeten uns dann in die Federn. Wir waren uns alle darin einig, dass man in einem derartigen Quartier, umgeben von nichts als Natur, die Seele ganz besonders gut baumeln lassen kann.

Morgen stand uns eine längere Autofahrt über etwa 170 Kilometer bevor, es ging ans Meer nach Marina di Bibbona. Interessiert? Dann begleiten Sie uns:

Start Reisebericht Marina di Bibbona Sorano

 


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