Samstag, 14. Juli 2018 (Akureyri, Island)
In der Nacht legte MS Artania 180 Seemeilen zurück. Leider verlief die Nacht wieder nicht ruhig, denn wurden wir gegen 3.00 Uhr von merkwürdigen Klopfgeräuschen, die uns schon an den Vortagen auffielen, geweckt. Wir vermuteten Regentropfen, die auf die Behälter mit den Rettungsinseln fielen, die sich unmittelbar vor unserer Kabine befanden. Eine Aufklärung dieser unliebsamen Störungen ließ aber weiterhin auf sich warten.
Heute mussten wir schon um sieben raus aus den Federn, denn wir hatten den sechseinhalb Stunden dauernden Ausflug „Myvatn und Godafoss mit Kaffeepause“ gebucht. Und wir waren optimistisch, denn das Tagesprogramm verhieß eine Temperatur von 15 Grad und die Prognose lautete "Heiter bis wolkig". Um 8.00 Uhr erreichte MS Artania den Hafen von Akureyri.
Die ersten Eindrücke von Akureyri von Bord der Artania waren zwar noch nicht so eindrucksvoll wie erhofft, aber der Tag war noch und der Optimismus ungebrochen.
Schon allein an der Zahl der wartenden Busse konnten wir erkennen, dass wir heute beileibe nicht die einzigen Ausflügler waren. Begrüßt wurden wir von einer bestens aufgelegten Reiseleiterin namens Margret, die uns mit einem akzentfreien Deutsch und einer ansteckend wirkenden guten Laune überraschte.
Kein Wunder, sie war auch Deutschlehrerin, die einige Jahre in Heidelberg und München studiert hatte. Außerdem war sie noch sehr sympathisch und da störte es auch gar nicht, dass wir in einem überlangen dreiachsigen Bus saßen, der mit 64 Personen besetzt war.
Akureyri liegt etwa 50 Kilometer südlich des nördlichen Polarkreises und hat ca. 18.000 Einwohner. Hier befinden sich die größte Werft und die größte Konservenfabrik Islands. Als wir mit dem Bus losfuhren, waren wir bereits nach wenigen Metern im Stadtzentrum. Im Vorbeifahren sahen wir u.a. die beeindruckende Akureyrakirkja, die zwischen dem Stadtzentrum und dem botanische Garten über dem Fjord thront. Sie wurde 1940 eingeweiht und von Gudjon Samuelsson entworfen, der auch für die Hallgrimskirche in Reykjavik verantwortlich war. Auch am wirklich beeindruckenden Kulturzentrum und weiteren interessanten Gebäuden fuhren wir vorbei.
Unser erstes Ziel waren die Schlammquellen bei Namaskard. Wir hatten Glück, denn die Sonne ließ sich endlich blicken an diesem Tag und die bizarre Mondlandschaft rings um uns herum glänzte in leuchtenden Farben. Ein herrliches Schauspiel! Wenn man sich den brodelnden Quellen näherte, musste man aufpassen, dass die Brille nicht beschlug. Es roch nach Schwefel und der Lehm klebte an unseren Schuhen, überall dampfte und brodelte es, ein Erlebnis für alle Sinne.
Im Film sieht das Ganze noch eine Spur eindrucksvoller aus:
Die "dampfenden Steine" werden von den Isländern selbst auch als "Hell's kitchen", also "Küche des Teufels" bezeichnet, ein Ausdruck, den man nach diesen Bildern sicher bestens nachvollziehen kann.
Dann ging es weiter zum Myvatn (Mückensee), einem der beliebtesten Touristenziele im Norden. Einige Busse standen bereits auf dem Parkplatz, aber auch Wohnmobile und Pkws waren reichlich vorhanden. Schon die Gegend um den See, durch die wir gefahren waren, ließ erahnen, dass wir uns hier in einem Gelände befanden, wo die Natur den Ton angibt.
Margret begleitete uns in das Cafe, wo ein Raum für unsere Gruppe reserviert war. Freundlich lächelnde Isländer begrüßten uns und bewirteten uns mit einem für die Gegend typischen Brot, das ähnlich schmeckt wie Pumpernickel, der Teig ist jedoch weicher und eher fluffig. Das Brot war mit Lachs belegt, für den kleinen Hunger reichte es. Dazu gab es ein Stück Kuchen mit Sahne und Kaffee sowie Wasser. Nach der etwa halbstündigen Kaffeepause zeigte uns Margret die „Dunkle Burg“ oder die "Schwarze Festung", ein weiteres Wunder der Natur, das es in dieser Ausprägung weltweit nur hier zu sehen gibt. Die faszinierenden Lavaformationen gleichen einer Märchenwelt mit einer Vielzahl von Figuren. An jeder Ecke kann man sie erkennen, wenn man seiner Fantasie nur freien Lauf lässt. Der Sage nach soll es sich um versteinerte Trolle handeln, die sich zu weit aus ihren Höhlen gewagt haben und nach Kontakt mit dem Sonnenlicht versteinert sind. Vielleicht war es aber auch ganz anders, aber schön ist diese Vorstellung doch, wie ich finde.
Die bizaare Landschaft, deren Urpsung in der regen vulkanischen Tätigkeit liegt, hat uns in ihren Bann gezogen. Die Türme, Mauern, aber auch die Höhlen und besonders die vielen Gesichter der "dunklen Burg" beflügelten unsere Fantasie. Mit zwei besonders schönen Exemplaren verabschieden wir uns von Dimmuborgir.
Bei der anschließenden Weiterfahrt rund um den Mückensee sahen wir zahlreiche so genannte Pseudokrater , also "unechte" Krater, die durch eine Dampfexplosion über einem Lavastrom entstanden sind. Diese waren freilich nicht halb so beeindruckend wie der Wasserfall, auf den ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte: den Godafoss, also den „Wasserfall der Götter“. Der hufeisenförmige Wasserfall erinnert ein wenig an die Niagarafälle, auch wenn er nur eine vergleichsweise bescheidene Fallhöhe von 12 Metern vorweisen kann. Wir hatten etwa eine Dreiviertelstunde Zeit, um das Gebiet, das mit Wanderwegen sehr gut erschlossen ist, zu erkunden. Wir waren natürlich nicht allein, denn ein paar Busse von der Artania waren schon hier, aber das Gelände ist weitläufig genug, so dass jeder die Fotos machen kann, die er will.
Das Wasser donnert hier mit unglaublichem Getöse in die Tiefe, das man im folgendem Filmchen noch besser mitbekommt, und ich war tief beeindruckt von der Gewalt der Natur.
Eine zweite Perspektive liefert der folgende kurze Film:
Der Godafoss toppt den Gullfoss meines Erachtens deutlich. Gerne wären wir noch länger geblieben, um dieses Schauspiel in uns aufzusaugen, allein der Zeitplan stand dem entgegen. Es ist wie meistens auf Ausflügen dieser Art: man kann einen guten Eindruck gewinnen, wer mehr möchte, muss einfach wiederkommen! Auf dem Rückweg zum Busparkplatz hatten wir aber trotzdem noch Gelegenheit, den kleinen Bruder des Godafoss, den Geitafoss in Augenschein zu nehmen.
Nach der Besichtigung des Godafosses fuhren wir wieder nach Akureyri zurück. Da wir den Eyjafjord jetzt rechts von uns hatten, also auf der Seite unserer Sitzplätze, bekamen wir auch noch schöne Ausblicke auf die Artania. Endlich konnten wir die ersten brauchbaren Bilder unseres schwimmenden Hotels machen.
Nach der Ankunft folgten diesen dann noch weitere, bevor wir wieder an Bord gingen. Damit endete die Stippvisite in Island und wir hatten Glück, dass an diesem letzten Tag der Wettergott ein Einsehen hatte und alles in den schönsten Farben erstrahlen ließ. Am letzten Tag präsentierte sich Island von seiner allerschönsten Seite, so wie wir uns das erhofft hatten. Zur besseren Übersicht habe ich im Folgenden noch eine Karte von Google Maps eingebettet:
Pünktlich um 17.00 Uhr wurden die Leinen gelöst und die Artania nahm nördlichen Kurs Richtung Spitzbergen. Nach dem heutigen Ausflugstag freuten wir uns auf das Abendessen im Vier Jahreszeiten. Die Menükarte war vielversprechend und die Auswahl fiel schwer. Ich entschied mich u.a. für eine Ochsenschwanz-Knusperrolle und ein norwegisches Wildragout, Speisen, die ich zuhause nicht bekommen würde.
Das Essen schmeckte vorzüglich und wir hatten auch viel Spaß am Tisch. Letzterer sollte sich noch steigern, denn in der Showlounge waren heute "Herta und Berta" zu Gast.
Kaum wurden die Türen geöffnet, strömten die Zuschauer in die Lounge, die am Ende aus allen Nähten platzte. Wir saßen an der Seite mit einem sehr guten Blick auf die Bühne und amüsierten uns glänzend mit den beiden betagten „Damen“, die nach diversen Klinikaufenthalten endlich wieder auf Kreuzfahrt gingen. Dass sie über einen großen Erfahrungsschatz verfügen, bewiesen sie sehr bald. So erfuhren wir, dass die Buchstaben „MS“ vor dem Schiffsnamen nichts anderes bedeuten als „Mumienschlepper“. Und auch ansonsten waren die Damen nicht zimperlich in ihren Aussagen. Die zwei sind ein bestens eingespieltes Team, wo jede Geste sitzt, jede Pointe passt und die Einsätze sekundengenau erfolgen. Lange haben wir nicht mehr so viel gelacht wie während dieser Vorführung. Kein Wunder, dass es am Ende viel Applaus für Chris Kolonko und Joy Peters, die beiden genialen Darsteller, gab. Vor dem Foyer hatten wir noch die Gelegenheit ein Foto mit beiden zu machen. Ich stellte mich als „Opfer“ zur Verfügung und Berta meinte bei meinem Anblick wenig schmeichelhaft: „Der ist für dich!“ und deutete auf Herta, die ebenfalls wenig begeistert von mir schien. Den Seitenhieb muss man aushalten, wenn man ein Foto der beiden haben möchte.
Damit ging ein großartiger Tag zu Ende, der bislang schönste der ganzen Kreuzfahrt. Jetzt hatten wir zwei Seetage lang Zeit, die Eindrücke zu verarbeiten.
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Mit einem letzten wehmütigen Blick auf den großartigen Godafoss verabschieden wir uns von Island: