Sonntag, 10. Mai 2015 (Milazzo, Sizilien)
Gegen 7.00 Uhr erreichte die MS Albatros nach 188 Seemeilen den Hafen von Milazzo, das etwa 35 Kilometer westlich von Palermo, der Hauptstadt Siziliens, liegt.
Ein besonderer Tag lag vor uns und das nicht nur wegen meines Geburtstages. Wir würden heute auch noch einen Abstecher zu den Liparischen Inseln machen, mit einem Kreuzfahrtschiff sicher eine Seltenheit. Die Voraussetzungen waren jedenfalls blendend, zwar blies ein strammes Lüftchen, aber die Sonne lachte vom Himmel. Klar, dass wir deshalb das Geburtstagsfrühstück im Freien einnahmen!
Treffpunkt für unseren Ausflug "Milazzo und Il Castello" war die Atlantik-Lounge um 8.45 Uhr. Zügig wie immer saßen wir wenig später auch schon im Bus, wo uns die deutsche Reiseleiterin Ulrike begrüßte. Eine kurze Orientierungsfahrt führte uns an der Küste entlang, wo wir einerseits eine üppige Vegetation sahen und gepflegte Straßenzüge. Der Wohlstand der Stadt, so führte Ulrike aus, rührte in erster Linie von der Petro-Industrie, die in Milazzo angesiedelt ist und deren hässliche Begleiterscheinungen die Menschen hier längst zu spüren bekommen haben. Umweltverschmutzung und schlechte Arbeitsbedingungen sind leider oft der Preis für ein etwas besseres Leben. Im Bus bekamen wir davon naturgemäß nichts mit, stattdessen erfreuten wir uns am Anblick der Albatros, die in ihrer zeitlosen Eleganz im Hafen auf die Rückkehr ihrer Gäste wartete.
Als wir am Capo di Milazzo einen ersten Fotostopp einlegten und uns an der reizvollen Landschaft erfreuten, waren die hässlichen Schlote der Raffinerien in Milazzo längst wieder vergessen. Wir versuchten, die nur 24 Kilometer Seemeilen entfernt liegenden Liparischen oder Äolischen Inseln zu erkennen, aber die Sicht war dafür zu schlecht. So musste also der Blick auf Meer und blühende Kakteen genügen.
Schemenhaft und mit viel Fantasie konnte man die Umrisse von Vulcano, der Mutter aller Vulkane, und Lipari erahnen, aber das war es dann auch. Nach diesem kurzen Abstecher ans Capo di Milazzo ging es mit dem Bus zurück in die Stadt, die etwa 32.000 Einwohner hat und in der Provinz Messina liegt. Hier ist auch die wichtigste Sehenswürdigkeit der Region angesiedelt: "Il Castello", historische Befestigungsmauern, die ein Areal von mehr als 6 Hektar einnehmen.
Die Festung gehört damit zu den größten Burganlagen Europas. Bereits im 13. Jahrhundert wurde sie von Friedrich II. errichtet. In den letzten Jahren wurde das Normannenkastell aufwändig restauriert.
Während die Araber Milazzo als strategisch durchaus wichtigen Punkt betrachteten, denen freilich bloße Befestigungsmauern reichten, blieb es dem Stauferkönig Friedrich II ("Das Staunen der Welt") vorbehalten, das Areal in eine Zitadelle zu verwandeln, inklusive Kathedrale und Benediktinerkloster. Die strategische Bedeutung wird einem erst so richtig bewusst, wenn man an den Aussichtspunkten steht und kilometerweit aufs Meer blickt. Früher konnte man sicher die Feinde frühzeitig ankommen sehen, heute steht lediglich die Albatros im Hafen.
Im Rahmen der Burgführung hatten wir u.a. auch die Möglichkeit, das legendäre Kaminzimmer Friedrichs II. sehen zu können. Auch das wurde wie so vieles hier erst kürzlich restauriert.
Nach etwa zwei Stunden, in denen wir einen historischen Schweinsgalopp hinlegten und viele architektonische Stile kennenlernen durften, führte uns Ulrike zurück zum Bus. Ich warf noch einen letzten wehmütigen Blick auf das Tyrrhenische Meer, bevor ich mich meiner Gruppe wieder anschloss.
Als wir den Hafen schon in Sichtweite hatten, hielt der Bus vor den Toren der Altstadt und wir hatten noch Gelegenheit, einen Spaziergang auf eigene Faust zu unternehmen und Milazzo etwas näher kennenzulernen. Da auch in Italien der Muttertag ein Festtag für die Blumenindustrie ist, überraschte es uns nicht, die bunte Pracht an jeder Ecke kübelweise zu sehen. Und weil die Italiener bekanntlich ein sehr christliches Völkchen sind, pilgerten sie gleich scharenweise in die Kirchen.
Rechtzeitig zum Mittagessen waren wir wieder zurück auf der Albatros. Auch von hier sah das Kastell immer noch sehr beeindruckend aus. Nicht minder beeindruckend war der "Muttertagssauerbraten", den wir gestern Abend schon in der Küche bewundern durften.
Um 17.00 Uhr verabschiedete sich die Albatros aus Milazzo und nahm Kurs auf die Liparischen Inseln, die nur 24 Seemeilen entfernt waren.
Nur eine halbe Stunde nach dem Auslaufen saßen wir schon in der Pazifik Lounge und amüsierten uns beim Bingo über die lockeren Sprüche von Hassan und Lars. Der Spaß wurde noch dadurch verstärkt, dass wir auch noch 80,00 Euro gewannen. Die konnte man doch gleich prima in Geburtstags-Cocktails investieren. Derart gut gelaunt wechselten wir den Standort und nahmen im Restaurant Möwe Platz. Dass hier jemand Geburtstag hatte, war unschwer an den Luftballons und Luftschlangen zu erkennen. Es war kaum Zeit, die Menükarte zu studieren, weil alle gratulieren wollten.
Unsere Mitreisenden hatten sich besonders ins Zeug gelegt. Neben einem selbstgepflückten Sträußchen gab es auch noch ein Geburtstagsständchen. Bei soviel Herzlichkeit muss man ja verlegen werden.
Den krönenden Abschluss bildete wie immer bei dieser Gelegenheit der Auftritt der Crewmitglieder, die den musikalischen Geburtstagsgruß überbrachten. Dazu gab es eine Karte mit den Unterschriften beider Kapitäne und eine kleine Torte, die wir gemeinsam am Tisch verdrückten. Und weil das immer noch nicht genügte, kamen auch noch Hassan und Lars in eleganten Anzügen und mit Fliege vorbei und verteilten an die Damen jeweils ein Marzipanröschen.
Das Kalorienkonto war damit wieder einmal hoffnungslos überzogen, aber selten hat zunehmen so viel Spaß gemacht wie an diesem 10. Mai. Währenddessen näherte sich die Albatros lautlos den "Äolischen Inseln", die bei uns unter dem Namen "Liparische Inseln" geläufiger sind. Pünktlich um 20.00 Uhr, wie im Tagesprogramm angegeben, waren wir am Ziel und sahen .... Nichts, denn mittlerweile war es fast schon gespenstisch dunkel geworden. Die Sonne hatte sich verabschiedet und für uns bedeutete das eine Premiere: Tendern bei Dunkelheit, nicht gefährlich, aber doch ein kleines Abenteuer.
Als wir die Inselhauptstadt Lipari mit ihren 5.000 Einwohnern betraten, waren wir zunächst überrascht. Es war noch angenehm warm und am Stadtplatz, der unmittelbar an der Marina Corta liegt, herrschte geschäftiges Treiben. Auch in den umliegenden Gassen waren die Geschäfte, Restaurants und Kneipen noch geöffnet. Ein lauer liparischer Sommerabend, herrlich!
Unmittelbar neben der Marina war eine Kirche, in die ständig Menschen strömten. Das erregte unsere Aufmerksamkeit.
Was wir drinnen zu sehen bekamen, verschlug uns fast den Atem. Dort war Lipari maßstabsgetreu modelliert worden und dabei hatten die findigen Künstler gleich "Die Heiligen Drei Könige" und eine Krippe mit dem Christkind eingebaut. Dazu plätscherte ein Bächlein, in dem sich Goldfische tummelten und die passende Musik spielte im Hintergrund.
Wir standen staunend vor diesem einzigartigen Kunstwerk, das eine ganz eigentümliche Ruhe ausstrahlte. Auch bei allen anderen Besuchern konnte man den Eindruck gewinnen, dass beim Anblick dieses kunstvoll gefertigten Modells die Last und die Hetze des Alltags zumindest für ein paar Minuten weit weg ist. Ich zündete Kerzen für unsere Verstorbenen an und spendete auch noch für den Unterhalt der Kirche.
Draußen an der Marina ging ich noch ein Stück die Kaimauer entlang, um möglichst nah an die Albatros heran zu kommen und eine Aufnahme zu machen.
Das Bild passte genau zur Stimmung, die in diesen Augenblicken demütig zurück genommen war. Dann wurden wir wieder vom sprudelnden Touristenalltag eingeholt und kauften noch einige Souvenirs, bevor wir uns auf den Rückweg zum Tenderboot machten. An der Anlegestelle sprach uns ein deutscher Tourist an, der vorschlug, doch noch auf der herrlichen Insel zu bleiben. Aber Kapitän Mühlebach hätte auf derlei Sentimentalitäten sicher keine Rücksicht genommen, so kehrten wir also nach etwa 22.00 Uhr auf die Albatros zurück. Um 23.00 Uhr hieß es dann für alle "Ciao, Lipari!". Eine kurze, aber heftige Begegnung mit einem ganz wunderbaren Inselstädtchen ging zu Ende.
Wir ließen die Ereignisse des Tages noch in der Casablanca-Bar Revue passieren, wo wir unseren Kalorienhaushalt mit einem kleinen Late Night Snack auffrischten.
An diesen großartigen Tag werden wir noch lange zurückdenken. Nach dem verregneten Geburtstag im letzten Jahr wurde ich heute mit unvergesslichen Eindrücken in Hülle und Fülle mehr als entschädigt. Aber die Kreuzfahrt war immer noch nicht zu Ende, denn nach dem geänderten Routenplan nahm die Albatros Kurs Richtung Neapel.
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