Bereits zu einer Zeit als ein Ausdruck wie "Teutonengrill" unbekannt war, genoss die italienische Riviera zwischen Genua und Portofino insbesondere bei Künstlern einen ganz besonderen Ruf. So waren u.a Heinrich Heine oder Mark Twain der Meinung, dass in der großartigen Umgebung selbst der ansonsten allgegenwärtige Schaffensdrang verschwunden wäre, stattdessen "lebten" sie mehr und arbeiteten weniger. Diesem Rausch des ligurischen Lebensstils spürten wir in Genua nach.
Am zweiten Tag unserer Reise an die Riviera di Levante fuhren wir mit dem Bus von unserem Ausgangspunkt in Lavagna in die Hauptstadt der Provinz Genua. Die Stadt zählt knapp 600.000 Einwohner, wovon ca. 33.000 Studenten sind. Ein erster Halt erfolgte hoch über der Stadt bei der Aussichtsplattform Spianata Castelletto. Von hier oben genossen wir einen herrlichen Blick auf die Altstadt, den Hafen mit seinen modernen Fähren und Schiffen, in der Ferne sahen wir den Leuchtturm Lanterna di Genova. Besonders beeindruckt haben mich die vielen schön angelegten Dachgärten.
Wer privat, mit dem Flugzeug oder mit dem Bus, nach Genua kommt, kann hier auch mit dem alten Aufzug nach unten fahren. Umgekehrt wird natürlich auch ein Schuh draus und Sie können von unten nach oben fahren, insbesondere um den fantastischen Sonnenuntergang zu beobachten, so der Tipp unserer Reiseleiterin. Auf dem Rückweg zum Bus kamen wir noch an dem einen oder anderen herrschaftlichen Haus vorbei.
Zurück im Bus erzählte uns die Reiseleiterin ein paar Fakten über Genua, gleichzeitig dirigierte sie Frank zur Piazza de Ferrari, wo wir uns ein wenig umschauen konnten. Ein wichtiger Tipp: Wer auf die Toilette muss, sollte in ein Cafe gehen, einen Espresso oder eine andere Kleinigkeit bestellen und dann könne man ohne schlechtes Gewissen die "dringendsten Geschäfte" erledigen. Dieser Hinweis wurde auch von den meisten aus unserer Gruppe dankbar aufgenommen.
An der Piazza de Ferrari, dessen Größe allein schon imposant ist, ließ uns Frank aussteigen. Es herrschte reges Treiben, wie ein Heer von Ameisen wuselten die Menschen aufgeregt in alle Richtungen. Wir bestaunten den großen Springbrunnen, gingen zum Opernhaus "Carlo Felice" mit der Reiterstatue von Giuseppe Garibaldi und bestaunten die Gebäude aus dem 19. und 20. Jahrhundert (neoklassizistisch bzw. Jugendstil).
Nach dem etwa halbstündigen Zwischenaufenthalt gabelte uns Frank mit dem Bus wieder auf. Wir näherten uns mittlerweile dem historischen Hafen. Frank erklärte uns, dass seit dem tragischen Zusammenbruch der Ponte Morandi die Verkehrsprobleme drastisch zugenommen hätten. An der eingestürzten Brücke würden wir bei der Rückfahrt nach Lavagna im Übrigen noch vorbeikommen. Schon allein bei dem Gedanken daran, spürte ich einen merkwürdigen Kloß im Hals. Immerhin gibt es für Busse Stellplätze in der Nähe des Aquariums. Die Reisenden können dort aus- bzw. zusteigen.
Hier beeindruckten uns nicht nur die Adelspaläste, sondern auch die moderne Kunst, die man vereinzelt an Häusern oder Brückenpfeilern bewundern konnte. Unser Busfahrer hatte dafür freilich keinen Blick, er musste sich erst an den zahllosen Kleinen und großen Motorrollern vorbeikämpfen.
Mittlerweile war es sehr heiß geworden, die Sonne strahlte von einem makellosen blauen Himmel und wir hatten auch schon rechtschaffen Hunger. Die Mittagspause verbrachten wir in dem geradezu verschwenderisch um- bzw. neugestalteten Hafengelände, für die der Genueser Stararchitekt Renzo Piano verantwortlich war. Anlass war der 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus im Jahr 1992. Die umfangreiche Renovierung beinhaltete das Aquarium, mehrere Museen und, was uns besonders freute, die herrlich gestaltete Uferpromenade. Hier gibt es unglaublich viel zu entdecken. Besonders Kinder werden auf ihre Kosten kommen, die staunend vor Roman Polanskis Piratenschiff "Neptune" stehen werden, das für den Film "Pirates" im Jahr 1986 für sage und schreibe 8,2 Millionen Dollar gebaut wurde und an dem 2.000 Menschen arbeiteten.
Nicht minder beeindruckend ist der Panoramaaufzug Bigo, eine raffinierte Konstruktion mit acht Stahlarmen, die eine Aussichtsgondel in die Höhe zieh und auch noch das Dach des daneben liegenden Piazza delle Feste trägt. Auch dafür zeichnet Renzo Piano verantwortlich. Mich erinnerte das Ganze ein wenig an die Zeltdacharchitektur des Münchner Olympiageländes. Aber wer weiß, vielleicht hat Renzo ja ein paar Anleihen davon genommen. Wir schlenderten in dem riesigen Areal umher und fanden schließlich eine Pizzeria, in der wir nicht nur preiswert essen, sondern auch den Ausblick auf den Hafen genießen konnten.
Die ganze Größe des Geländes kommt im folgenden Panoramabild noch etwas besser zur Geltung:
Nachdem wir uns gestärkt hatten, erwartete uns Reiseleiterin Isabella bereits am Treffpunkt beim Palazzo San Giorgio. Der Palast diente u.a. auch einmal als Gefängnis, in dem angeblich Marco Polo inhaftiert war. Der Palazzo besticht durch seine herrlichen Außenmalereien, die schon von Weitem sichtbar sind.
Dann stürzten wir uns in das Getümmel der Gassen und Gässchen. Östlichster Punkt war der Palazzo Ducale. Unser Weg führte also fast schnurgerade vom Porto Antico in gedachter Linie bis zum Piazza de Ferrari.
Wer in Genua unterwegs ist, kommt über kurz oder lang zwangsläufig an einer solchen Hinweistafel vorbei:
Diese Spezialität, es handelt sich um ein Fladenbrot aus Hefeteig, kann man sich einfach nicht entgehen lassen, zumal sie auch noch aus Ligurien stammt. Die einfache Variante mit Olivenöl und Salz haben wir gleich an Ort und Stelle ausprobiert und sie hat uns gut geschmeckt. Nach diesem kurzen kulinarischen Abstecher ging es wieder zurück ins genuesische Gassengewirr. Wir sahen aufgespannte Regenschirme, die über unseren Köpfen baumelten oder eine Pasticceria, die bereits im Jahr 1828 gegründet wurde.
Schon beim Blick von der Aussichtsplattform Spianata Castelletto konnten wir sehen, dass es die Stadtplaner von Genua nicht leicht hatten. Zwischen dem Meer und dem bergigen Hinterland ist nunmal nicht sehr viel Platz. Genua platzt aus allen Nähten. Und auch wenn es vielerorts, vor allem für den Touristen schön sein mag, ist es manchmal doch auch etwas beängstigend eng. Wir bewegten uns immerhin in einer der größten zusammenhängenden historischen Altstädte Europas, wo sich eine Sehenswürdigkeit an die andere reiht. Da unsere Besichtigungstour auf lediglich einen Tag begrenzt war, konnten wir naturgemäß nur einen Bruchteil dessen anschauen, was auf den großen Portalen wie Tripadvisor die Rankings anführt.
Aber bereits zu diesem Zeitpunkt kamen wir aus dem Staunen kaum heraus, so viel hatten wir schon gesehen. Und unser Spaziergang war längst nicht zu Ende. So kamen wir u.a. am Palazzo Ducale (Herzogspalast) vorbei, der früher als Machtzentrum diente und heute wechselnde Ausstellungen für interessierte Besucher anbietet. Höhepunkt der Besichtigungen war aus meiner Sicht der Dom San Lorenzo, nebenbei bemerkt die größte Kirche Genuas, und nicht nur deshalb unbedingt sehenswert. Die gotische Fassade mit ihrem spektakulären Eingangsbereich, in dem der schwarz-weiße Marmor hervorsticht, ist ebenso beeindruckend wie das Innere des Doms. Hier befinden sich auch die Reliquien des heiligen Lorenzo. Mit dem Bau der Kathedrale wurde um 1100 begonnen, fertiggestellt wurde sie jedoch erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts, so dass die Kirche Merkmale der romanischen und der gotischen Baukunst aufweist.
Als wir den Palazzo di San Giorgio schon fast greifen konnten, kamen wir noch an der kleinen aber feinen Kirche Chiesa die San Pietro in Bianchi vorbei. Damit war unser Streifzug durch Teile der historischen Altstadt Genuas fast vorüber. Aber was wäre ein solcher Bummel ohne noch einmal den intensiven Geruch der Gassen in sich aufgenommen zu haben. Sich hinstellen, die Arme ausstrecken und tief durchatmen, um das ligurische Lebensgefühl auch ganz sicher in der Nase zu haben. Natürlich kann man mit dieser Methode auch den einen oder anderen unangenehmen Geruch einfangen, aber das gehört zu diesen typisch italienischen Städten einfach dazu. Genau so wie z.B. die Wäscheleine unter den Fenstern, die bunten Reklametafeln, die vielen Balkone oder die Heiligenfiguren.
Diese "natürliche Wäschetrocknung" war einer der letzten Eindrücke im Gassengewirr von Genuas Altstadt. Wenige Meter später erreichten wir den Porto Antico. Es waren nur noch wenige Meter vom Palazzo die San Giorgio bis zur "Museumsecke", wo Frank mit seinem Bus auf uns warten bzw. uns abholen würde. Hier in diesem Bereich befinden sich tatsächlich einige weitere Touristenattraktionen wie das Aquarium, übrigens das zweitgrößte in Europa nach Valencia, sowie das Galata Meeresmuseum.
Tatsächlich dauerte es auch nicht lange bis Frank mit dem Bus vorfuhr. Nach einem ereignisreichen Sightseeing-Tag mit einer Fülle von großartigen Eindrücken ging es zunächst zurück auf die Stadtautobahn. Dabei kamen wir auch noch an der eingangs schon erwähnten Brücke Ponte Morandi vorbei. Der Blick auf die eingestürzte Brücke löste ein beklemmendes Gefühl aus, es war ganz still im Bus. Man kann nur hoffen, dass Derartiges nie mehr passiert.
Trotz der angekündigten Verkehrsprobleme kamen wir ziemlich flott zurück auf die Autobahn und konnten noch ein paar Blicke auf die ligurische Küste und auf einige waghalsig in die Berge gebauten Häuser erhaschen.
Nach diesem anstrengenden Besichtigungs-Marathon ließen wir uns das Abendessen schmecken und gönnten uns auf der Aussichtsterrasse des Tigullio noch einen "Hugo". Morgen wartete der Höhepunkt der Reise auf uns, die Cinque Terre. Wenn Sie uns begleiten möchten, klicken Sie auf den entsprechenden Link.
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