Donnerstag, 8. Mai 2014 (Dover, England)

Die Entfernung von La Coruna nach Dover betrug 688 Seemeilen und irgendwie hatten wir nach dem gestrigen teils sonnigen Tag doch etwas Hoffnung, dass es uns mit dem Wetter besser ergehen würde als 2011. Damals waren wir mit der Costa Atlantica auf einer ähnlichen Route unterwegs. Doch schon der erste zaghafte Blick aus den Bullaugen holte uns schnell auf den regenreichen Boden der Tatsachen zurück. Die weißen, bis zu 106 Meter hohen Kreidefelsen von Dover, würden wir nicht zu Gesicht bekommen. Und auch die Panoramafahrt nach London sollte eine  feuchte Angelegenheit werden.

Gegen 8.00 Uhr erreichte MS Albatros Dover, um die Zeit nahmen wir unseren letzten Schluck Kaffee. Dann verabschiedeten wir uns von Florendo, der uns noch die üppig ausgestatteten Lunchboxen in die Hand drückte und uns einen schönen Ausflug wünschte. Die als "Panorama-Tour London" angekündigte Fahrt in die englische Hauptstadt sollte neun Stunden dauern und uns an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vorbei führen.

Unsere umtriebige Reiseleiterin Josefine hatte von dem berühmt-berüchtigten englischen Humor eine extragroße Portion bei ihrer Geburt abbekommen. Sie versuchte das grottenschlechte Wetter schön zu reden. Allein, es blieb beim Versuch.

Die Fahrt nach London sollte etwa 2 Stunden dauern, aber der Verkehr war mörderisch. Fotos von der Landschaft konnten wir nicht machen, weil es schlichtweg ob des prasselnden Regens nichts zu sehen gab. Das erste, halbwegs brauchbare Bild, machte Sonja kurz nach 12.00 Uhr von einem geschichtsträchtigen Gebäude, dem Tower von London.

In einem Reiseführer für London las ich als Empfehlung: "Den Zauber der Metropole muss man selbst entdecken, so etwa die schlichte Eleganz einer georgianischen Fassade oder bunte Geranien vor den Fenstern". Von welchem Zauber die Rede war, konnten wir nicht erkennen, mit Fassaden sah es noch trister aus. Big Ben, Westminster, Houses of Parliaments oder der Buckingham-Palast waren nur schemenhaft zu erahnen. Gut zu sehen waren hingegen die Regenschirme, mit denen sich Touristen und Einheimische vor den Wassermassen zu schützen suchten.

Am berühmten Trafalgar Square erspähten wir nicht nur Lord Nelson, sondern auch den blauen Hahn der Künstlerin Katharina Fritsch, die mit ihrer fünf Meter hohen Plastik nicht nur einen Farbtupfer setzen wollte, sondern auch noch eine "Message" parat hat.

Wir kamen nur im Schritttempo voran und allmählich wurde es Zeit für die Mittagspause. Da war es schon fast 15.00 Uhr und wir hatten längst einen Großteil unseres Lunchpakets verspeist. Eine Stunde Freizeit mussten wir jetzt gezwungenermaßen wieder in Covent Garden verbringen. Die überwiegende Mehrheit der Ausflugsteilnehmer hatte dazu, wie wir auch, überhaupt keine Lust und so marschierten wir alle mehr oder weniger planlos durch die Markthallen, die zwar viel Kitsch für Touristen feil boten, aber ansonsten eher an einen unkontrollierten Flohmarkt erinnerten. Immerhin legte der Regen eine kleine Pause ein, so dass wir noch ein paar typische London-Bilder einfangen konnten.

Da wir den Schlüssel für den Rolls verlegt hatten, stiegen wir notgedrungen wieder in unseren Bus, wo uns Josefine in ihrer typischen Art freudestrahlend verkündete, dass wir jetzt u.a. noch an der Tower Bridge vorbei fahren würden und das herrliche Londonder Wetter genießen könnten. Wie gesagt, britischer Humor! Tatsächlich bekamen wir noch einige Sehenswürdigkeiten zu Gesicht, aber ohne blauen Himmel ist das alles leider nur halb so schön.

Phasenweise hatte man als Betrachter den Eindruck, von den allgegenwärtigen roten Doppeldeckerbussen erdrückt zu werden. Sie dienen nicht nur als praktisches Beförderungsmittel, sondern auch zu Werbezwecken.

Am meisten gefreut hatten wir uns auf die Tower-Bridge. Auch die verliert im Regengrau aber viel von ihrem Glanz. Immerhin wurde sie an diesem Tag durch die Anwesenheit der MS Hamburg etwas aufgewertet.

Noch näher kamen wir der altehrwürdigen Tower-Bridge beim folgenden letzten Fotostopp. Hier hatten wir etwa 15 Minuten Zeit, um unsere Fotos in den Kasten zu bringen.

Anschließend reihte sich unser Bus wieder in die endlose Schlange der Verkehrsteilnehmer ein, die alle ihr Heil in der Flucht suchten. Unser Bedarf an London war ein für alle Mal gedeckt, der Charme und der Zauber der Stadt blieben uns auch diesmal verborgen, versteckt hinter Regenwolken und im Verkehrschaos. Wir waren froh, nach weiteren gut zwei Stunden das "Willkommen zu Hause"-Schild der Albatros zu sehen. Für die Wetterkapriolen kann natürlich niemand etwas und selbstverständlich versucht man, immer das Beste aus solchen Situationen zu machen, aber diesmal fiel es uns wirklich schwer und so sahen wir lieber nach vorne, denn der Tag war ja noch nicht zu Ende.

Auch für diesen Abend hatte Küchenchef Frank Hofmann mit seiner Mannschaft wieder ein außergewöhnliches Menü zusamen gestellt und zubereitet. So gönnte ich mir heute eine "Halbe Languste mit Kräuter-Bröseln, getrüffeltem Wildreis, Zitronengas-Sauce und Spinat-Souffle". Das hörte sich nicht nur gut an, es sah auch gut aus und schmeckte auch so:

Die Meister des Kochlöffels wurden dann endlich auch einmal persönlich im Restaurant Möwe vorgestellt. Unter dem wohlverdienten Applaus der verwöhnten Passagiere stellten sich die Köche freudestrahlend in eine Reihe, mit dabei auch Roberta, die ihren Platz als einzige Frau in der Männerdomäne eindrucksvoll behauptet.

Nach diesem erneut vorzüglichen Abendessen wechselten wir schnell den Standort. Es galt, einen guten Platz in der Atlantik-Lounge zu ergattern, denn heute zeigte die Crew, dass sie nicht nur gut kochen, schnell und freundlich bedienen oder die Kabinen picobello herrichten kann, sondern dass sie auch künstlerisch voll auf der Höhe der Zeit ist.

Die zwei folgenden Gesangsschnipsel belegen die Vielseitigkeit der Albatros-Crew:

Noch beeindruckender als diese "Boy-Group" fand ich den Auftritt des Schweizer Videographen Urs, der mit seiner Röhre sicher jederzeit einen Job bei einer Rockband bekommen würde. Mit seiner Version von T.N.T. der Rockgruppe AC/DC hat er mich jedenfalls überzeugt, auch wenn einige, vor allem ältere Semester in der Atlantik-Lounge, etwas irritiert waren. Vielleicht hatten sie Hansi Hinterseer erwartet?

Die Vorstellung der Crew machte wirklich Riesenspaß und die Zeit verging wie im Flug. Der verregnete Ausflugstag in London wurde durch die Darbietungen heute Abend schnell verdrängt. Kaum zu glauben, dass wir morgen schon in Ijmuiden anlegen würden. Das Ende der Reise rückte unaufhaltsam näher.

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Mit einem Bild der Künstler-Crew, in deren Mittelpunkt hier der fabelhafte "Canada" stand, verabschieden wir uns aus England.


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