Dienstag, 14. November 2017 (Cesme - Ephesos, Türkei)
In der Nacht hatte man uns eine Stunde geklaut, denn in der Türkei war man eine Stunde voraus. Die anders gehenden Uhren sind also kein Privileg der Bayern. Wir waren einigermaßen unausgeschlafen als das Traumschiff in den Hafen der Touristenhochburg Cesme einlief.
156 Seemeilen hatte unser Schiff seit dem Auslaufen in Santorin zurück gelegt. Als wir ins Amadea zum frühstücken gingen, sahen wir bereits die im 14. Jahrhundert von den Genuesern angelegte Burg, eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten und den geradezu überquellenden Yachthafen.
Cesme präsentierte sich bei strahlendem Sonnenschein, der Ort mit seinen knapp 40.000 Einwohnern an der Westküste gelegen, machte einen sehr einladenden Eindruck. Da verflog die Müdigkeit denn auch im Nu. Wie immer bei gebuchten Ausflügen mussten wir nach dem Frühstück in die Atlantik Lounge, wo wir heute neben unserer Busnummer auch eine üppig gefüllte Lunchbox erhielten. Vor uns lag ein 7-Stunden-Ausflug in das geschichtsträchtige Ephesos.
Die Busfahrt, die etwa zwei Stunden dauerte, wurde uns von Erol, einem hoch gebildeten Reiseleiter aus Izmir verkürzt. Er brachte uns die üppige Natur am Straßenrand näher und wir erfuhren, dass in der Türkei so ziemlich alles wächst, was es auf Bäumen und Sträuchern gibt. Gegen 10.00 Uhr erreichten wir die archäologischen Ausgrabungsstätten, die seit dem Jahr 2015 auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste stehen. Wir lachten mit der Sonne um die Wette und nahmen dabei auch die nervigen Souvenirverkäufer in Kauf, die sich auf die wenigen Touristen stürzten, die sich um diese Jahreszeit noch nach Ephesos verirren. Aber nicht nur die Souvenirkäufer fielen uns auf, sondern auch Katzen, von denen es noch viel mehr zu geben schien.
Den Tieren geht es vermutlich besser als manchen Menschen, denn sie werden hier immerhin mit Futter versorgt und können daher die Szenerie gelassen beobachten. Nachdem uns Erol die Eintrittskarte ausgehändigt hatte, konnten wir die Ausgrabungsstätten endlich erobern.
Die meisten Bauwerke stammen aus der römischen und der byzantinischen Zeit und obwohl, so die Aussage von Erol, erst 20% des Areals ausgegraben sind, kann man sich gut vorstellen, dass in der Blütezeit von Ephesos mehr als 200.000 Menschen hier gelebt haben. Die Stadt wurde vor ca. 3.000 Jahren gegründet und befand sich an der Mündung des Flusses Kaystros in einer fruchtbaren Ebene. Um etwa 133 vor Christus herum wurde Ephesos Teil des Römischen Reiches. Die Stadt hatte zu jener Zeit etwa 200.000 Einwohner und gehörte damit zu seinen größten Städten. Trotz seiner Größe war Ephesos aber auch eine saubere Stadt. So gab es eine Kanalisation, öffentliche Toiletten und Bäder, auch Erotik und Sinnenfreuden hatten hier ihren Platz.
Erol zeigte uns zunächst die Bäder am Oberen Tor, führte uns vorbei am Odeion und der Oberen Agora. Dann nahmen wir unseren Weg durch den Triumphbogen. Die Kuretenstraße, die man auch als Prachtstraße kennt, hielt weitere Höhepunkte bereit.
Der Hadriantempel mit seiner schmucken Fassade oder der Trajanbrunnen belegen die einstige Pracht von Ephesos. Auch beeindruckende Mosaike geben Zeugnis einer glanzvollen Zeit.
Damals wie heute erlagen die Herren der Schöpfung schon dem Werben schöner Frauen. Zumindest glaubt man, dass es auch in Ephesos ein Freudenhaus gab, dieser "Wegweiser" wird als Beleg dafür interpretiert.
Wo man von der Kureten- in die Prachtstraße abbiegt, erwartet den staunenden Besucher die aufregende Fassade der Celsusbibliothek, vielleicht "das Glanzstück" der Ausgrabungen. Die Bibliothek entstand im 2. Jahrhundert, wobei schon damals Methoden zur Anwendung kamen, die die unschätzbaren Buchrollen vor Feuchtigkeit schützen sollten. So wurden dazu Luftschächte belassen, die hinter den Nischen verliefen, in denen die Buchrollen aufbewahrt wurden.
Am Ende der Marmorstraße erwartete uns das "Große Theater" mit seinen Plätzen für unglaubliche 25.000 Zuschauer, neben der Bibliothek sicher das spektakulärste Bauwerk.
Vom Theater war es dann nicht mehr weit bis zum Busparkplatz, die Führung durch Ephesos und eine längst vergangene Zeit war damit zu Ende. Kaum vorstellbar, dass eine dermaßen prachtvolle Stadt relativ schnell in der Bedeutungslosigkeit verschwand. Aber der Fluß Kaystros versandete bereits im 3. Jahrhundert und leitete damit den Niedergang von Ephesos ein. Die Ruinen liegen heute 17 Kilometer landeinwärts. In der Hochsaison werden die Ausgrabungsstätten regelmäßig von tausenden Touristen geflutet, unzählige Busse stehen Tag für Tag auf dem Parkplatz und spucken Menschen aus, die sich durch Kureten- und Marmorstraße quälen. Wir hatten Glück, dass außer uns nur wenige Besucher hier waren, ein großer Vorteil, wenn man im November reist. Der Zauber der Stadt war daher jederzeit greifbar, man konnte eintauchen in die glorreiche Vergangenheit und da störte auch die zweistündige Busan- und abreise überhaupt nicht mehr.
Abgerundet wurde der Tag mit einem wie immer formidablen Abendmenü im Restaurant Vier Jahreszeiten. Serviert wurden u.a. Marinierter Tafelspitz und ein Schweinefilet. Im Anschluss erwartete uns in der Atlantik Lounge wieder ein musikalischer Hochgenuss mit der bezaubernden Geigerin Sophie Moser. Damit war der Tag aber immer noch nicht zu Ende, denn am späten Abend gingen wir noch zum Pooldeck, wo es zwar etwas frisch war, aber die Sängerin Alina Kölblinger vom Amadea Showensemble mit einem Mix von Helene Fischer-Liedern zumindest ein wenig Wärme verbreitete.
Und selbstverständlich wurde auf dem Pooldeck auch noch ein "kleiner Snack" angeboten. Kulinarisch gab es nun wirklich keinen Grund zu meckern. Und auch um diese relativ späte Zeit hatten doch noch viele Passagiere den Weg nach draußen gefunden.
Währenddessen war die Amadea längst unterwegs zum nächsten Ziel. Um 17.00 Uhr hatte sie abgelegt und wir befanden uns nun auf Kurs Richtung Rhodos, das wir am Mittwoch anlaufen würden. Das Pendeln zwischen Griechenland und der Türkei brachte in dieser Nacht eine erneute Zeitumstellung mit sich, die Uhren wurden eine Stunde zurück gestellt. Wir konnten also wieder etwas länger schlafen und uns von den Strapazen des Ausflugs erholen.
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Das letzte Foto erinnert noch einmal an den fantastischen Ausflug nach Ephesos: