Sonntag, 22. September 2013
Auch diese Nacht war leider nicht so erholsam wie erhofft, das hatte diesmal jedoch andere Gründe. Sonja und ich wurden Opfer eines Magen-Darm-Infekts, schon gestern hatten die ersten Passagiere darüber geklagt und jetzt hatte es auch uns erwischt. Glücklicherweise nicht so schlimm, dass uns das Frühstück nicht geschmeckt hätte, da hatten andere wesentlich mehr Pech. Ein Blick in die Runde im Restaurant genügte. Wo gestern noch Kaffeekannen standen, gab es heute Tee. Der eine oder andere Stuhl war gänzlich verwaist. Wenigstens war der per SMS aus Deutschland zugesandte Wetterbericht optimistisch in Sachen Sonnenschein.
Um 9.30 Uhr stand die Besichtigung des Führerhauses auf dem Programm. Hier zeigen sich naturgemäß große Unterschiede zu den Hochseeschiffen. Während dort die Brücke die ganze Breite des Schiffs einnimmt, umfasst das Reich des Kapitäns auf einem Flusskreuzer gerade mal ein paar Quadratmeter.
Wir quetschen uns mehr schlecht als recht in das kleine Steuerhaus und lauschen den Erklärungen von Kapitän Attila Lukasz, einem sympathischen Ungarn. Er informiert uns z.B. darüber, dass während einer 24-stündigen Schicht drei Kapitäne am Joystick sitzen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt bescheidene 16 kmh, Knoten sind den Schiffen auf hoher See vorbehalten. Die Tanks fassen 160.000 Liter und Gebühren fallen an den Schleusen im Übrigen nicht an, weil die Donau sozusagen allen gehört. Auch diese Info war für uns neu.
Im Anschluss trainieren wir unsere grauen Zellen mit dem Quiz "Zerschüttelte Länder", an dem wir uns 90 Minuten abarbeiten und komplett lösen. Als einzige! Zur Belohnung bekommen wir eine DVD mit einem Film über eine Flusskreuzfahrt auf dem Yangtze.
Früher als im Programmablauf beschrieben, erreichen wir gegen 11.30 Uhr die "Königin der Donau", wie Budapest auch genannt wird. Wir sind oben auf dem Promenadendeck und genießen die Einfahrt. Das Panorama der etwa 2 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Ungarns ist wahrlich beeindruckendend.
Das "Paris des Ostens" nimmt den Besucher mit seiner dynamischen Schönheit sofort gefangen. Anders als bei der eher tristen Ankunft in Wien-Nussdorf wird das Auge hier sofort verwöhnt. Am linken Donauufer begrüßt uns das imposante ungarische Parlament, das mit einer Länge von 286 Metern der größte Regierungsbau Europas ist.
Der Gegenpol befindet sich auf der rechten Donauseite: Innerstädtische Pfarrkirche, Burgberg, Matthiaskirche, Fischer-Bastei, die Prachtbauten sind hier aufgereiht wie an einer Perlenkette.
Und nicht zu vergessen die großartigen Brücken, unter denen die MS Primadonna förmlich hindurch kriecht: Margaretenbrücke, Kettenbrücke, Elisabethbrücke und Freiheitsbrücke.
Wir legen unweit der Freiheitsbrücke an und zwar auf der Pester Seite, dort wo auch das Parlament ist. Diese zweitälteste Brücke entstand in den Jahren 1894 bis 1896. Von hier ist es nur ein Katzensprung zur Markthalle und auch die Zustiegstelle zur Straßenbahn ist nur hundert Meter entfernt. Ein idealer Ausgangsort für unsere geplanten Exkursionen. Bevor wir unsere Entdeckungstour durch Budapest starten, gönnen wir uns noch einen Rinderschmorbraten im Restaurant. Das Essen schmeckt uns unverändert gut, auch wenn wir uns nicht lange daran erfreuen können.
Die Schiffsfreigabe dauert sehr lange. Wir spekulieren schon, ob das vielleicht mit dem Virus zusammen hängt. Um 15.00 Uhr kommen wir endlich von Bord und machen auch gleich die ersten Bilder. Direkt gegenüber von unserem Ankerplatz ist das Hotel Gellert und rechts davon kann man die Freiheitsstatue sehen.
Geplant war der Kauf eines Bustickets in der Markthallte. Dann müssen wir feststellen, dass die am Sonntag geschlossen ist. Auch Fahrkartenautomaten finden wir nicht. Wir gehen noch ein paar Minuten planlos durch die Gegend, laufen dabei einer Filmcrew versehentlich ins Bild und suchen uns schließlich ein Taxi. Die Fahrt hoch zum Burgberg kostet 7,00 Euro, ein preiswertes Vergnügen, wie wir finden.
Dann stehen wir an der gewaltigen Burganlage von Buda. Mit uns sind da aber noch einige tausend andere, die denselben Gedanken hatten. In einer Höhe von etwa 60 Metern über der Donau thront der Burgpalast, der seit 1988 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Heute ist die ehemalige Festung die Heimat von zahlreichen öffentlichen Einrichtungen, z.B. der Ungarischen Nationalgalerie oder des Historischen Museums.
Ein paar Schritte von diesen hochkarätigen Museen entfernt steht das Sandor-Palais, das seit 2002 Sitz des ungarischen Staatspräsidenten ist. Die Wachsoldaten mit ihren Sonnenbrillen passen dabei auf, dass keiner den Präsidenten stiehlt. An der Rückseite ist übrigens die "Bergstation" der Standseilbahn, die auf den Burgberg führt.
Wir ließen den Präsidentenpalast rechts liegen und gingen geradeaus weiter. Dort trafen wir auch auf diesen schweigsamen Zeitgenossen.
Unser Spaziergang führte uns weiter Richtung Matthiaskirche und Fischerbastei. Rechts von der Kirche stehen Kassenhäuschen. Wir erstehen zwei Tickets zum Preis von insgesamt 1.700,00 Forint (das entspricht etwa sehr preiswerten 5,60 Euro). Die Eintrittskarten sollte man unbedingt kaufen, ansonst entgehen dem Betrachter die herrlichen Aussichten von der Fischer-Bastei zum Parlament.
So weit waren wir aber noch nicht. Wir gingen zunächst in die "Pfarrkirche zu unserer lieben Frau", die in den Jahren 1255 bis 1269 errichtet wurde. Der Name geht auf Matthias Corvinus zurück, das Gotteshaus im späten 15. Jahrhundert wesentlich bearbeitete.
Vor der Kirche steht die 14 Meter hohe Dreifaltigkeitssäule, die von den Überlebenden der Pest 1709 gestiftet wurde.
Unmittelbar neben der Matthiaskirche wähnt man sich unversehens mitten in Disneyland. Die kühnen Türme der Fischerbastei sind nicht nur Blickfang, sondern beiten darüber hinaus fantastische Ausblicke zum anderen Donauufer, insbesondere zum Parlament.
Bei dem Bild rechts unten handelt es sich übrigens um die St.-Stephans-Basilika, deren Besuch wir uns für den nächsten Tag aufgehoben haben. Mit diesen herrlichen Aussichten vom Burgberg Budapests beenden wir unseren ersten Ausflug. Wir gehen zur Bushaltestelle, die sich schräg gegenüben der Dreifaltigkeitssäule befindet und fahren mit der Linie 16, von der wir annahmen, dass sie (fast) bis zur Freiheitsbrücke fahren würde. Leidet endete die Fahrt jedoch wesentlich früher und wir müssen zu Fuß weiter marschieren. Sicher mehr als einen Kilometer legten wir auf Schuster's Rappen zurück. Geschafft von diesem Halbmarathon erreichen wir die MS Primadonna. Es bleibt nicht viel Zeit für die Körperhygiene, denn um 18.30 Uhr wartete ein vorzügliches ungarisches Kalbsgulasch auf seinen Verzehr.
An diesem Abend essen wir wieder mal schneller als sonst, aber nicht wegen des Magen-Darm-Virus, sondern weil wir noch auf den Gellertberg wollen, um Budapest bei Nacht zu erleben. Bei Nacht wirkt die Freiheitsbrücke, an deren gegenüberliegenden Seite man schon das Hotel Gellert sehen kann, noch einladender.
Taxen stehen vor dem Hotel überraschenderweise überhaupt keine. An der vorbei führenden Straße sehen wir am Rand ein Fahrzeug stehen mit einem Taxischild. Die Verständigung erweist sich als schwierig. Mit der Bezeichnung "Gelltertberg" kann der Fahrer nichts anfangen. Am Ende landen wir dann aber doch an der richtigen Stelle. "Zitadelle" war das Zauberwort, das sich Besucher merken sollten. Die Fahrt, die anfangs scheinbar immer weiter von unserem eigentlichen Ziel weg führte, kostete 8,00 Euro, also ebenfalls akzeptabel für diese komfortable Art der Stadtbesichtigung.
Hier oben bläst ein heftiger Wind, es ist sehr kühl und wir sind froh, dass wir warme Kleidung angezogen haben. Die Temperaturen sind aber nur zweitrangig, denn unter uns erstreckt sich Budapest in vollem Lichterglanz. Da Kaiser Franz Joseph I. die Zitadelle in den Jahren 1850 bis 1854 hoch über Budapest errichten ließ, ahnte er sicher nicht, dass hier einmal einer der schönsten Aussichtspunkte entstehen würde. Wer Budapest in Festbeleuchtung erleben möchte, kommt an der Zitadelle nicht vorbei.
Gegen 22.00 Uhr suchen wir uns wieder ein Taxi. Diesmal löhnen wir schon 10,00 Euro. Vermutlich haben wir einen "Inoffiziellen" erwischt. Auf der sicheren Seite ist man mit den gelben Taxen von "Fö" oder "Citytaxi". Um 23.00 Uhr fallen wir todmüde in die Betten. Eine ruhige Nacht steht uns bevor, denn wir verlassen Budapest erst am nächsten Tag. Also keine Schleusendurchfahrten, keine Wellen. Herrlich!
So könnte es eigentlich, bis auf die einfach nicht enden wollende "Unpässlichkeit", weiter gehen. Wenn Sie die größte Kirche Ungarns sehen möchten, klicken Sie auf den Link Budapest-Esztergom oder ein Ziel Ihrer Wahl.
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