Samstag, 11. November 2017 (Saranda, Albanien)

In der Nacht hatte die Amadea lautlos wie immer eine Distanz von 191 Seemeilen zurück gelegt. Wir wurden vom Smartphone um 6.45 Uhr aus dem Schlaf gerissen. Apropos Smartphone: ich hatte schon zwei Tage vorher die mobilen Daten abgeschaltet, um keine böse Überraschung zu erleben, denn weder Montenegro noch Albanien sind Mitglied der Europäischen Union.

Unser Frühstück nahmen wir fast schon gewohnheitsmäßig im Amadea ein. Hier hatten wir unseren Platz und unser Kellnerteam gefunden. Die Brötchenauswahl erschien uns heute ebenfalls besser und im Übrigen konnten wir uns mit dem Frühstück Zeit lassen, ein Blick aus dem Fenster verhieß nämlich nichts Gutes: Regen so weit das Auge reicht.  Passend zu dem für uns ohnehin schon Offensichtlichen teilte uns der Kreuzfahrtdirektor mit, dass der Kapitän entschieden hatte, wegen des starken Windes nicht an die Pier zu fahren. In Saranda gäbe es keine Schlepper und die Gefahr, dass die Amadea vom Wind an die Pier gedrückt würde, wäre einfach zu groß. Safety first war also das Gebot der Stunde.

Unsere gebuchte Panoramafahrt verschob sich daher auf 8.15. Uhr, weil jetzt getendert werden musste. Kein Beinbruch, denn mit Panorama sah es schlecht aus, es goß unverändert in Strömen. Als wir in die Atlantik Lounge kamen, mussten wir aber trotzdem schmunzeln. Zum dritten Mal hintereinander wurden wir nämlich von Reiseleiterin Anja auf der Tour begleitet. Anja Stricker ist ansonsten am Phoenix-Schalter für die Kreuzfahrtberatung zuständig.

Im Bus begrüßte uns ein bestens gelaunter Reiseleiter und stellte sich als Timo vor. Er und der Busfahrer waren an diesem regnerischen Tag leider die einzigen Lichtblicke. Timo erzählte uns viel von den Schönheiten Albaniens, die sich heute allerdings sehr gut vor uns versteckten. Auch von Saranda hatte Timo Einiges zu berichten. Nach seinen Aussagen würden etwa 45.000 Einwohner hier leben, laut Wikipedia sind es jedoch (Stand 2011) nur 17.500, während Wikitravel immerhin von 33.000 Menschen spricht. Hier scheint also nicht nur der Tourismus sondern auch die Verwaltung noch in den Kinderschuhen zu stecken. Saranda wäre für die Albaner das, was Mallorca für die Spanier ist, wurde uns erklärt. Wir sahen demzufolge auch viele Strände und überraschend viele Hotels. Noch öfter sahen wir jedoch Baustellen. Timo führte weiter aus, dass nach dem Zusammenbruch des Kommunismus im Jahr 1992 eine Art "leichte Demokratie", wie er sich ausdrückte, entstanden wäre.  Mit ihr kam auch der westliche Kapitalismus, so sahen wir in Saranda viele ausländische Banken, u.a. die Raiffeisenbank aus Österreich. Die Infrastruktur, vor allem die Straßen, ist stark ausbaufähig. Es war einzig dem Geschick unseres Busfahrers zu verdanken, dass wir wieder in einem Stück zur Amadea zurück gekommen sind. 

Bevor wir Saranda den Rücken kehrten, stoppten wir an einem Vier-Sterne-Hotel, in dem wir mit einer Folklore-Veranstaltung "beglückt" wurden. Wir machten also gute Miene zum für unsere Ohren schaurigen Gesang und bestaunten die traditionellen Tänze der Einheimischen.

Nach der etwa halbstündigen Veranstaltung fuhren wir los. Die Straßen, wenn man sie denn als solche bezeichnen will, hatten zum Teil Schlaglöcher von der Größe eines Kleinwagens. Die Fahrt zum Aussichtspunkt "Festung Lekuresi" ist mit abenteuerlich nur mangelhaft beschrieben. Der Fahrstreifen war gerade mal so breit wie der Bus, eine Straßenbefestigung war nicht vorhanden und darüber hinaus auch keine Leitplanken. Bei Starkregen kamen wir oben an, einige Mitfahrer hatten jetzt schon genug und stiegen erst gar nicht mehr aus.

Der Blick auf Saranda und die Bucht wäre auch genial, wenn, ja wenn es nicht derartig gekübelt hätte. Ein paar Aufnahmen, um einen kleinen Eindruck zu vermitteln, habe ich dennoch gemacht.

Die Aussicht von hier oben war, wenn man so will, der Höhepunkt des Ausflugs. Die Weiterfahrt zum nächsten Ziel, dem so genannten "Blauen Auge", einer Karstquelle, gestaltete sich noch eine Spur gefährlicher. Der Regen hatte zwischenzeitlich zum Teil kleine Seen gebildet, die Straße zur Karstquelle ist darüber hinaus auch nicht geteert, Teile der Fahrbahn wiesen schon tiefe Risse auf. Wir waren froh, als wir ankamen, diesmal stiegen noch weniger Reiseteilnehmer aus. Die wenigen, die sich trotzdem noch in die himmlischen Wasserschleusen trauen, bekamen auch nicht viel zu sehen.

Nach den Informationen, die wir zu den jeweiligen Ausflügen erhielten, handelt es sich bei der Quelle um eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Region. Etwa sechs Kubikmeter Wasser strömen pro Sekunde aus der Tiefe und fließen in den Fluss Bistrica. Bewegte Bilder dazu gibt es auch noch:

Ich tröstete mich damit, dass wir in Dubrovnik und Kotor deutlich mehr Glück mit dem Wetter und den Ausflügen hatten und versuchte trotzdem das Beste aus dem Tag zu machen. Und also ob Anja meine Gedanken gelesen hätte, blieben wir während unseres Marsches zurück zum Bus plötzlich stehen. Sie griff in ihre Tasche und verteilte kleine Schnapsfläschchen. Es war 11.11. Uhr und der Fasching hatte begonnen, das galt es zu feiern. Eine originelle Idee, die sofort für gute Laune sorgte.

Das letzte Ausflugsziel ist die Nikolauskirche. Dabei handelte es sich um ein einsturzgefährdetes Gebäude, das ohnehin nur von außen besichtigt werden konnte. Mittlerweile war auch ich zu der Einsicht gekommen, dass es zwecklos wäre, eine nichtssagende Ruine zu fotografieren. Ich blieb sitzen, so wie die meisten anderen. Bei immer stärker werdendem Regen ging es dann endlich zurück zum Hafen, wo der Tender schon auf uns wartete.

Bei schönem Wetter wäre Saranda durchaus eine Reise wert, unter diesen Umständen war es leider ein Flop, dafür hat die Stadt einfach zu wenig zu bieten. Aber natürlich muss man im November auch mit solchen Tagen rechnen, das war uns vorher klar. Gegen 14.30 Uhr verabschiedete sich MS Amadea aus Albanien und nahm Kurs auf Korfu, das nur 20 Seemeilen entfernt war.

Sind Sie neugierig, was uns in Korfu erwartet? Dann klicken Sie sich doch einfach weiter.

Start Reisebericht Korfu Kotor

 

Mit folgender Panoramaaufnahme verabschieden wir uns aus Albanien:

 


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