Barcelona, 31. Okt. 2008
Die Nacht war stürmisch, sehr stürmisch und wir beide hatten vorsorglich unser Pflaster gegen Seekrankheit hinter dem Ohr angebracht. Ich kann nicht beurteilen, ob es nun an diesem Pflaster lag oder ob wir möglicherweise schon über die nötige Seetüchtigkeit verfügen, jedenfalls hatten wir während der ganzen Reise keinerlei Probleme. Allerdings war es wohl tatsächlich nicht ganz so schlimm wie in der Vorwoche, Tüten lagen bei uns nämlich keine aus.
Unser Frühstück nahmen wir, wie übrigens während der gesamten Fahrt, immer im "Sinfonia" ein. Oft ergatterten wir hier einen Platz für zwei, wie auf dem folgenden Bild:
Die angebotenen Speisen, der Service und das Ambiente im Sinfonia sagten uns einfach mehr zu. Hier war auch vom sonst üblichen Stress und Gedrängel, das auf Deck 11 im Buffet Bolero regelmäßig herrschte, nichts zu spüren. Sogar die Rühreier, die auf der Mediterranea ungenießbar waren, schmeckten hier richtig nach Ei. Allerdings war dieser Morgen nicht dazu angetan, die Vorfreude auf Barcelona zu schüren. Es war bewölkt und wir rechneten jeden Augenblick mit Regen. Der kam dann immer wieder, aber so richtig "volle Kanne" erwischte es uns erst in Barcelona. Als ob einer "da oben" seine Finger im Spiel gehabt hat.
Dabei hatten wir uns sehr auf Barcelona gefreut, wollten auf eigene Faust eine Tour unternehmen zur Sagrada Familia und ein bißchen auf der La Rambla schlendern. Wir hatten ja nur fünf Stunden Zeit und die wollten wir nicht vollpacken. Pünktlich kamen wir gegen 13.00 Uhr in Barcelona an. Im Terminal waren freundliche junge Damen, auch eine deutsch sprechende, die die Ankömmlinge mit Infos zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und mit einem Stadtplan versorgten. Es hätte alles wunderbar werden können, aber kaum hatten wir den Hafenbereich verlassen, kamen die ersten Tropfen, der Himmel verfinsterte sich zusehends und wir kämpften uns dann zur U-Bahnstation, da waren wir schon gehörig durchnässt. Dann begann das eigentliche Abenteuer unserer ersten Kreuzfahrtstation. Die Aufgabe lautete: wie komme ich an eine Fahrkarte für die U-Bahn? Wenn wir dem letzten Link gefolgt wären, hätten wir uns möglicherweise ein paar Probleme erspart. Aber hinterher ist man ja bekanntlich immer schlauer!
Sonja und ich standen ratlos in den Katakomben vor unzähligen Drehkreuzen, die von ebenso unzähligen Einheimischen passiert wurden. Dann erblickten wir einen oder besser gesagt mehrere Automaten mit einem Angebot an Tickets, das an die Speisekarte unseres Abendessens erinnerte. Die Auswahl war jedenfalls reichlich. Und da mein Spanisch eher unterentwickelt bis nicht vorhanden ist, blickte ich fragend um mich. Einige Passanten, die ich auf Englisch um Hilfe bat, ignorierten mich oder verstanden mich nicht und auch die Damen in einer Bäckerei, die sich unweit vom Kartenautomaten befand, zuckten nur hilflos mit den Schultern. Also wieder zurück auf "Los", ziehe keine U-Bahnkarte ein, sondern studiere weiter den Plan. Irgendwie konnten wir entschlüsseln, dass es wohl Tageskarten und "Zonen"-Karten o.ä. im Angebot gibt. Wir entschieden uns daher für zwei "Tageskarten" (das vermuteten wir jedenfalls) zum Preis von 3,50 Euro das Stück. Wenige Augenblicke später hielt ich diese auch in Händen. Also das Ticket schnell in den Schlitz am Drehkreuz gesteckt und ... sich den Unterleib gequetscht. Das Drehkreuz blieb standhaft, das Ticket kam dort wieder raus wo ich es reingesteckt hatte. Dieses unerquickliche Spielchen wiederholte sich beim zweiten und beim dritten Mal, auch ein Tickettausch mit Sonja führte zum selben Ergebnis: das Drehkreuz blieb für uns unpassierbar. Barcelona zeigte uns die kalte Schulter. Die Schlange hinter uns wuchs, ein Glück, dass ich hinten keine Augen habe, wahrscheinlich haben uns einige mit ihren Blicken mehrfach getötet. Mindestens!
Die Karte des Anstoßes!
Endlich erbarmte sich einer dieser "Geschädigten", nahm mir das Ticket aus der Hand, steckte es in den Schlitz und ... es kam plötzlich hinten raus, das Drehkreuz bewegte sich und schon befand ich mich auf der anderen Seite. Auch bei Sonja funktionierte es wie von Zauberhand. Ich habe keine Ahnung, wie es dieser Mensch angestellt hat, aber bei unseren weiteren Versuchen klappte es auch. In der U-Bahn ergatterten wir dann einen Sitzplatz, darüber war ein Stationsplan angebracht und wir konnten bald erkennen, dass die Fahrt nach ein paar Minuten wieder zu Ende sein würde. Zu Fuß wäre es ein ordentlicher Marsch gewesen, aber mit der U-Bahn war das ein Klacks. An der Station "Sagrada Familia" stiegen wir zunächst aus und anschließend erwartungsvoll die Treppe hoch und sahen das:
Die Bildqualität wurde auch nach dem Bearbeiten nicht besser, der Himmel blieb schwarz. Da hilft auch nur noch selbiger Humor. Wir ließen uns jedoch nicht unterkriegen und wollten eine Führung durch die Kirche machen, mit deren Bau Gaudi 1882 begonnen hatte. Sekunden nachdem ich dieses Bild geschossen hatte, kübelte es so richtig los. Der Stadtplan löste sich in seine Bestandteile auf, aber wir waren (noch) unverdrossen und stellten uns in die Reihe der Wartenden, um eine Karte für eine Führung zu lösen. Wir standen schon ein paar durchnässte Minuten, als wir eine Tafel zu Gesicht bekamen, aus der hervor ging, dass an dieser Stelle nur Gruppen Einlass finden würden. Der Zugang für die Einzel-Besucher befände sich auf der gegenüberliegenden Seite der Kirche. Also marschierten wir strammen Schrittes an das andere Ende der Kirche, die Stimmung war mittlerweile schon ziemlich weit im Süden. Als wir dann auch noch die Preistafel erblickten und um 10,00 Euro pro Person erleichtert werden sollten, waren wir restlos bedient und begaben uns wieder in die Katakomben der U-Bahn.
Wenn schon nicht Sagrada Familia, dann wenigstens die "Kathedrale von Barcelona", ein weiterer Pflichtbesuch, wie man uns glauben machte. Im U-Bahnfahren waren wir mittlerweile schon beinahe routiniert und so bewerkstelligten wir diese Fahrt ebenfalls in wenigen Minuten, um uns ins Barri Gothic, also das "Gotische Viertel" aufzumachen. Es tröpfelte jetzt nur noch, wobei das schon keine Rolle mehr spielte. Die Kathedrale befindet sich nur einen Steinwurf von der Flaniermeile Barcelonas, den La Rambla, entfernt. Wir haben sie zwar nicht übersehen, aber von Außen war trotzdem nichts zu sehen, weil die komplette Fassade in Gänze eingerüstet bzw. verkleidet war. Es war augenscheinlich nicht unser Tag. Aber wir wollten wenigstens einen kleinen Rundgang durch die Kirche machen, die der Märtyrerin Santa Eulalia, der Schutzpatronin von Barcelona geweiht ist.
So kann ich die imposante Außenfassade, die einen kleinen Eindruck dieses großartigen Bauwerks bietet, leider nur als Postkarte anbieten. Der Bau der Fassade wurde erst im Jahr 1890 beendet. Auch ein Indiz dafür, dass die Angelegenheit nicht ganz billig war. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Kathedrale u.a. 29 Seitenkapellen (!) beherbergt, wird auch die lange Bauphase, die bereits im 11. Jahrhundert begann, nachvollziehbar.Einen kleinen Eindruck von der Schönheit dieser Kirche kann man in der anschließenden kurzen Fotoshow gewinnen. Nach dem Besuch von "La Seu", der Kathedrale, hatten wir gelinde gesagt "die Schnauze voll (Regen)" und traten den Rückmarsch auf La Rambla an. Von den viel gepriesenen Künstlern in den Reiseführern war nur wenig zu sehen, das Wetter war einfach zu schlecht. Trotzdem waren wir auch von dieser berühmten Straße enttäuscht, weil der Zugang zu den Geschäften sowohl auf der linken wie auf der rechten Seite nur nach dem Überqueren einer Straße, die dazwischen lag, möglich war. Wir waren jedenfalls froh, als wir die Victoria im Hafen sahen, weil wir wussten, dass wir dann endlich wieder trockenen Boden unter den Füßen haben würden. Für die Seilbahn, die unmittelbar davor vorbei führt und die Kolumbussäule nahmen wir uns aber noch ein paar Minuten und schossen einige Fotos, die aber leider ebenfalls etwas trist ausgefallen sind.
Zum Glück gab es auf unserem schwimmenden Hotel so viel Abwechslung, dass es die pure Freude war, auf die Victoria zurückzukehren. Außerdem waren wir ja schon gespannt, ob wir noch weitere Mitfahrer an unserem Tisch würden begrüßen können. Dieses Geheimnis wurde am Abend im Restaurant Sinfonia gelüftet. Ein Ehepaar aus Mecklenburg-Vorpommern gesellte sich zu uns. Die beiden Spätankömmlinge hatten das Pech, mit ihrem Flieger in schweres Wetter geraten zu sein, so dass eine Landung in Mailand am Vortag nicht möglich war. Stattdessen leitete man sie nach Nizza um, wo eine Übernachtung nötig war und am nächsten Tag erfolgte dann die Anreise per Bus nach Barcelona. Da das Anreisepaket über Costa gebucht worden war, mussten sie auch keine Mehrkosten zahlen. Abgesehen davon, war die Anreise sicher auch kein Vergnügen. Aber wir waren mit unserer Runde nun komplett und hatten so immer etwas zu erzählen. Den Abend ließen wir wieder im Theater ausklingen, wo wir erneut bestens unterhalten wurden.
Am 1.11.08, Allerheiligen, war der erste Seetag der Reise. Wir befanden uns auf der Fahrt nach Casablanca und das Wetter war so, wie man es von Allerheiligen erwarten kann: saumäßig! Eigentlich hatte ich den Daheimgebliebenen versprochen, an diesem Tag zu einer bestimmten Uhrzeit auf einem bestimmten Deck vor einer bestimmten Webcam zu stehen und zu winken. Aber wie gesagt, das Wetter war zu schlecht und mir reichte noch die Dusche von Barcelona. Aber zum Glück kann man sich auf der Victoria sehr gut die Zeit vertreiben und außerdem mussten wir uns seelisch, moralisch und überhaupt auf die Willkommens-Gala vorbereiten. Vor dem Abendessen lud Kapitän Mario Moretta in das Theater, wo Prosecco und kleine Häppchen gereicht wurden. "Il Commandante" stellte sich und einen Teil seiner Offizierstruppe vor und begrüßte die deutschsprachigen Gäste in frei gesprochenem Deutsch. Wir kannten diese Zeremonie schon aus dem Vorjahr und freuten uns darauf. Die kleinen Häppchen waren dann der Auftakt für das eigentliche Gala-Abendessen, das wie immer vorzüglich mundete. So klang dieser Abend in netter Runde aus und wir waren gespannt, was der nächste Tag an Überraschungen für uns bereit halten würde. Es stand nämlich ein Highlight auf dem Programm: der Ausflug nach Casablanca und Rabat! Zunächst aber noch ein paar kleine Vorschaubilder.
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