Eine weitere Lovestory mit dem vielsagenden Titel "Die Liebe kam per Post". Auch diese Story erschien unter meinem Pseudonym "Helena Hallström" |
Die Liebe kam per Post
Inhaltsangabe: Die attraktive, aber schüchterne Svenja Krug gibt auf Initiative ihrer Freundin Andrea eine Chiffreanzeige auf. Beim anberaumten Date mit dem Unbekannten kneift Svenja aber und schickt stattdessen Andrea. Klar, dass die Sache mit einem Reinfall endet. Schließlich nimmt Svenja ihren ganzen Mut zusammen, trifft sich auf eigene Faust unter einem Vorwand mit dem Mann ihrer Träume und gewinnt ihn für sich.
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„Und, was machen wir an diesem Wochenende? Ich habe Tom den Laufpass gegeben und wollte mit dir auf die Piste", sprudelte es aus Andrea Bechthold heraus.
„Ach, ich glaube, ich werde einfach nur faulenzen, auf der Couch liegen, Schwarzenegger streicheln und vielleicht ein Buch lesen", sinnierte Svenja.
„Tolle Pläne. Und eines Tages wirst du, schwermütig wie du bist, aus dem Bett fallen und dich fragen: Lebe ich noch oder bin ich schon tot", stichelte Andrea in ihrer unnachahmlichen Art.
„Andrea, bitte, du brauchst dir um mein Liebesleben wirklich keine Sorgen zu machen. Noch ist der Notstand nicht ausgebrochen", erwiderte sie beleidigt. Dabei wusste sie ganz genau, dass sie sich nur etwas vormachte. Die Beziehung mit Rolf war schon vor beinahe einem halben Jahr in die Brüche gegangen. Und seitdem herrschte Flaute. Das war auch der Grund, weshalb sie Andrea in sämtliche Kneipen, Restaurants und Discos der Stadt schleifen wollte.
„Ich sorge mich aber um dein Liebesleben. Es ist doch einfach nicht normal, wenn eine hübsche junge Frau wie du wie eine Nonne lebt. Vielleicht sollten wir es einmal mit einer Chiffre-Anzeige versuchen. Was hältst du davon?" Andrea war plötzlich voll in ihrem Element. Sie zückte ihren Kugelschreiber, schnappte sich ein Blatt Papier und legte los:
„Attraktive 30-jährige, ungebunden, sportlich, reiselustig, sucht gleichaltrigen Nichtraucher für gemeinsame Stunden, Zuschriften bitte mit Foto unter Chiffre-Nummer sowieso", las Andrea ihrer Freundin vor. Die saß mit offenem Mund da und konnte nicht glauben, was sie eben gehört hatte.
„Ich glaube es einfach nicht. Bist du verrückt, ich bin doch keine alte Schreckschraube, die im Sommerschlussverkauf feil geboten wird", beschwerte sich Svenja lautstark. Sie warf ihre Stirn bedrohlich in Falten, doch Andrea ließ sich von ihrem einmal gefassten Plan nicht abhalten.
Eine Schreckschraube war sie ja nun wirklich nicht. Im Gegenteil. Sie hatte eine traumhafte Figur, die sie allerdings viel zu oft hinter unvorteilhaften Klamotten versteckte. Und von Make-up hat sie noch nie sehr viel gehalten. Wozu auch? Ihr Gesicht wirkte auch ohne Puder und Creme. Es war Svenjas Natürlichkeit, die jeden, der sie näher kannte, bezauberte.
Insgeheim aber war Svenja ihrer Freundin sogar dankbar. War sie denn wirklich so zufrieden wie sie sich nach außen hin gab? Hatte sie denn tatsächlich keine stillen Sehnsüchte, das Bedürfnis, sich einem Mann ganz hin zu geben? Svenja starrte ins Leere. Die grünen Katzenaugen hinter ihrer sportlichen Nickelbrille wanderten traurig durch ihr gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer. Seitdem Andrea, beseelt von ihrer Idee mit
der Chiffreanzeige, davon gebraust war, war sie wieder allein. Nur Kater Schwarzenegger, das zur Zeit einzige männliche Lebewesen in ihrer Nähe, leistete ihr noch Gesellschaft.
Als Svenja zwei Wochen später bei der Zeitung vorbeiging und interessehalber nach dem Echo auf die Anzeige fragte, staunte sie nicht schlecht. Sage und schreibe zweiundzwanzig Männer hatten sich gemeldet. Ein Ergebnis, das ihre kühnsten Erwartungen übertroffen hatte. Gemeinsam mit Andrea machte sie sich dann über die Post in ihrer Wohnung her.
„Anscheinend gehöre ich doch noch nicht zum alten Eisen, wenn ich mir meine Verehrerbriefe hier so ansehe", meinte Svenja hoffnungsvoll. Die Euphorie schwand allerdings mit jedem geöffneten Brief. Der Männermarkt war scheinbar wie leer gefegt.
„Hör’ mal zu, einen könnte ich dir noch anbieten. Der schreibt ja richtig süß. Meine Name ist Robert Steinhauser, ich bin 35 Jahre alt und auch ledig. Leider habe ich kein aktuelles Foto von mir. Aber keine Angst, ich habe weder eine Glatze noch einen Bierbauch. Ich würde Sie gerne kennen lernen. Vielleicht rufen Sie mich mal an."
„Ich kann das nicht. Mensch, versteh’ mich doch. Einen wildfremden Kerl anrufen, ist nicht mein Ding. Der denkt ja gleich wer weiß was von mir", versuchte Svenja etwas hilflos sich zu rechtfertigen. Jetzt waren sie auf einmal da, die Geister die sie gerufen hatte.
„Pass auf, was hältst du davon, wenn ich den Lockvogel für dich spiele. Ich rufe diesen Robert an, mache ein Date aus und sehe ihn mir mal an", schlug Andrea vor und zog eine Schnute. Ein Gedanke, der Svenja gefiel. Was hatte sie schließlich zu verlieren? Sie würde überhaupt nicht in Erscheinung treten und hatte doch die Möglichkeit, sich ihren Auserwählten anzusehen. Schon verrückt, überlegte sie. Das ist ja wirklich wie im Krimi!
„Einverstanden. Aber ich will dabei sein. Könnte ja sein, dass du mir meinen Traummann abspenstig machen willst", stimmte Svenja dem Vorschlag der Freundin ausgelassen zu.
Das Unternehmen ‚Traummann gesucht’ sollte bei Giovanni über die Bühne gehen. Sein Cafe war immer gut besucht. Da würde es überhaupt nicht auffallen, wenn Svenja zwei oder drei Tische weiter sitzen, unauffällig in einem Modejournal blättern und über den Rand der Zeitung hinweg den beiden Turteltauben zusehen würde.
Endlich war es so weit. Andrea hatte Robert Steinhauser für den Samstag Nachmittag zu Giovanni bestellt. Als Erkennungszeichen diente ihr ein rotes Seidentuch, er sollte sich eine rote Nelke ins Knopfloch stecken. Svenja saß nur ein paar Meter von Andreas Tisch entfernt und hatte sich so platziert, dass sie alles genau überblicken konnte. Dann kam er endlich. Svenja studierte ihn eingehend: Robert Steinhauser war ein großgewachsener Mann, mindestens 1,85 Meter. Und er hatte weder Bierbauch noch Glatze. Svenja musste lächeln. Im Gegenteil, er war gertenschlank. Die tiefschwarzen Haare trug er kurz geschnitten und alles in allem sah er aus wie ein Italiener. Das passte eigentlich alles prima zu Andrea! Zwei südeuropäische Typen. Wenn er ihr auch noch vom Temperament her ähnelte, konnte sie die Sache vergessen! Die Farbe der Augen konnte sie auf die Entfernung nicht ausmachen. Aber er hatte ein offenes, sympathisches Gesicht. Zur Begrüßung von Andrea lächelte er herzlich und dabei zeigte er seine blendend weißen Zähne, die einen tollen Kontrast bildeten zu seinem Drei-Tage-Bart, der ihn etwas älter wirken ließ, als er tatsächlich war. Dieser Robert Steinhauser war ein richtiger Frauenschwarm und Svenja verstand überhaupt nicht, weshalb so einer über eine Chiffreanzeige die Partnerin fürs Leben suchte. Da war doch irgendetwas faul! Derlei Gedanken hegte Andrea offensichtlich nicht. Sie ging in ihrer Rolle völlig auf und flirtete auf Teufel komm raus. Sie hatte ihren teuersten Fummel angezogen und war auffallend geschminkt. Die beiden unterhielten sich angeregt, doch Svenja hatte das Gefühl, dass sich Andrea mehr für ihn als umgekehrt zu interessieren schien. Jedenfalls prallten die Flirtversuche an ihm ab. Dieser Robert Steinhauser blieb ein geheimnisvoller Typ. Nach noch nicht einmal einer halben Stunde war das erste Treffen der beiden auch schon zu Ende. Der Mann verabschiedete sich mit einem kurzen Händedruck von Andrea und Svenja hatte nicht den Eindruck, dass sie sich wieder sehen würden.
„Vergiss den Typ", begann Andrea genervt, nachdem sie sich zu Svenja gesetzt hatte, „ein selten langweiliger Knabe, kann ich dir flüstern. Von Beruf ist er Fotograf, er betreibt ein eigenes Studio. Zu ihm kommen viele, die als Model groß rauskommen wollen. Und ich glaube, da liegt auch sein Problem. Er ist vielleicht mehr an natürlichen Frauen interessiert. Das war’s dann wohl", beendete Andrea ihren Erfahrungsbericht und sie klang dabei sehr traurig.
„Ist schon gut", meinte Andrea aber nur, „ich hatte eh keine großen Hoffnungen in dieses Date gesetzt."
Als Svenja am frühen Abend allein in ihrer schmucken Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung war, hatte sie endlich Zeit über alles nachzudenken. Tatsächlich hatte ihr dieser Robert Steinhauser vom ersten Augenblick an gefallen und sie hatte sich daher einen Plan zurecht gelegt.
Am Montagmorgen erschien Svenja bestens gelaunt im Büro. Kein Wunder, dass sie deshalb von Andrea misstrauisch gemustert wurde.
„Sag mal", hakte sie deshalb gleich nach, „hab’ ich irgendwas verpasst oder was ist los?"
„Was soll sein", tat Svenja betont unschuldig, „ich freue mich einfach auf die neue Woche. Außerdem habe ich heute einen Fototermin."
Andrea sah immer noch so aus, als hätte ihr jemand die Keksdose geklaut. Ihre ansonsten so zurückhaltende und über die Maßen schüchterne Freundin Svenja Krug, die normalerweise zu jedem Rendezvous mit Gewalt geschleppt werden musste, diese Svenja Krug hatte die Sache nun selbst in die Hand genommen.
Um 16.00 betrat Svenja das Studio. Die Dame am Empfang fragte sie freundlich, ob sie einen Termin hätte, dann führte sie Svenja in einen fensterlosen Raum, der neben dem eigentlichen Geschäft lag.
„Herr Steinhauser, das ist Frau Krug, sie hat einen Termin für 16.00 Uhr", wurde Svenja vorgestellt. Robert Steinhauser drehte sich überrascht um.
„Svenja Krug? Ja, aber...", druckste der verdutzte Fotograf herum, „haben Sie eine Doppelgängerin oder was ist hier los?"
„Nein, ich habe keine Doppelgängerin. Aber ich fürchte, ich bin Ihnen trotzdem eine Erklärung schuldig", begann Svenja zögernd. Sie sah Robert dabei offen an und je länger sie sprach, um so vertrauter wurde ihr dieser Mann, obwohl sie ihm heute zum ersten mal persönlich begegnete. Und irgendwie war ihr Robert Steinhauser auch gar nicht böse. Immer wieder huschte ein angedeutetes Lächeln um seine Lippen. Und bei näherem Betrachten konnte Svenja auch ein paar Grübchen entdecken, die hinter dem Drei-Tage-Bart vorsichtig durchlugten. Sie gestand ihm zerknirscht die Idee mit der Annonce und erzählte ihm auch so nebenbei, dass sie ohne ihre Freundin niemals auf so eine Schnapsidee gekommen wäre.
„Da muss ich ihrer Freundin aber dankbar sein. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätten wir uns nie kennen gelernt", lachte Robert, „aber jetzt sollten wir keine Zeit mehr verlieren. Kommen Sie", befahl er sanft. Dann zog er sein neues Modell vorsichtig am Ärmel ihrer Bluse und stellte sie in eine seiner Fotolandschaften. Plötzlich war er ganz in seinem Element. Er begutachtete sein Objekt von allen Seiten, warf einen Blick durch den Sucher und fand noch ein paar Kleinigkeiten, die zu ändern waren: Mal störte eine Spitze des Blusenkragens, dann war der Brillenrand auf einer Linie mit den Augen. Endlich passte alles zusammen. Robert schoss eine ganze Serie von Fotos, er biss sich richtig an seinem Modell fest. Ein Glück, dass Svenja die letzte Kundin war an diesem Nachmittag. Längst waren sie allein im Fotostudio, denn Roberts Mitarbeiterin hatte schon Feierabend. Nach dem vierten oder fünften Film hob Svenja beschwörend die Hände: „Ich wollte eigentlich nur eine oder zwei Porträtaufnahmen. Meinen Sie nicht, dass es jetzt reicht?"
„Nein, das meine ich überhaupt nicht. Von einer Frau wie Ihnen haben mein Fotoapparat und ich ein Leben lang geträumt. Ich glaube übrigens nicht, dass ich dich noch gehen lassen werde", sagte Robert jetzt beinahe zärtlich. Er hatte wie selbstverständlich vom förmlichen Sie zum vertraulichen du gewechselt. Svenja hatte ihren Platz an der Fototapete ebenfalls verlassen und war auf Robert zugegangen. Wortlos
schlang sie seine Arme um ihn und sie versanken in einem Meer leidenschaftlicher Küsse. Nach einer kleinen Ewigkeit befreite sich Svenja kurz aus seiner Umarmung und meinte lachend: „Ich habe dir übrigens nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ich bin völlig unsportlich!"
„Stimmt nicht", erwiderte Robert, „du stehst jetzt schon geschlagene zwei Stunden vor der Kamera. Das ist eine absolute Höchstleistung. Und wenn du willst, schließe ich mit dir einen Vertrag auf Lebenszeit." Er hatte den Satz noch nicht vollendet, da warf sich Svenja überglücklich in seine Arme. Sie standen noch eine ganze Weile im Licht der Scheinwerfer und küssten sich, bevor sie gemeinsam das Studio verließen. Die zwei wollten nämlich den klaren Sternenhimmel und den strahlenden Mond als Hintergrundmotiv für weitere Bilder nutzen.
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