Als wir am 27. April 2013 am Pier in Venedig standen, warteten wir gespannt auf die FTI.Berlin. Wie würde das ehemalige "Traumschiff" aus der gleichnamigen ZDF-Reihe aussehen? Aus vielen Beiträgen in diversen Foren war uns natürlich bekannt, dass vom alten Glamour nicht mehr viel da sein würde. Wir hatten die Reise aber auch nicht  wegen des Schiffs sondern wegen der außergewöhnlichen Route gebucht. Trotzdem war der Blutdruck doch etwas höher als sonst als sich die Berlin bei bedecktem Himmel langsam näherte.

     

Da stand sie also endlich vor uns, die nur 139 Meter lange "kleine weiße Lady", die auf sechs Decks alles bietet, wofür die großen Pötte 12, 13 oder noch mehr Fläche  benötigen. Ein Größenvergleich mit einem MSC-Schiff zeigt eindrucksvoll, dass die FTI.Berlin tatsächlich eher an ein Rettungsboot als an ein "richtiges" Kreuzfahrtschiff erinnert.

Und, haben Sie die Berlin entdeckt? Sie ist tatsächlich auf den ersten Blick nur schwer zu erkennen. Auf den zweiten und erst recht, wenn man sich an Bord befindet, verschwinden diese Unterschiede, denn die Berlin hat sowohl für "Ersttäter" als auch für Repeater viel zu bieten. Uns haben vor allem die großzügigen Außendecks begeistert, die eine schier unglaubliche Nähe zum Meer erlauben. Selbstredend lustwandelt man auf der Berlin auch noch auf Teakholz, aus diesem edlen Material sind auch noch die Stühle des Außendecks gefertigt. Kein Wunder, dass man sich sputen muss, will man hier einen Platz ergattern. Nicht nur in der Größe unterscheidet sich die Berlin, die im Jahr 1980 gebaut wurde, von ihren zum Teil großkotzigen Kolleginnen und Kollegen. Balkonkabinen sucht man z.B. vergeblich, auch ein Casino befindet sich ebenso wenig an Bord wie ein mehrstöckiges Theater oder großzügige Shoparkaden. Alles wurde ein bis zwei Nummern kleiner gebaut, das hat aber auch den Vorteil, dass man nicht nur dem Element Wasser, sondern auch den Menschen viel näher ist. Es ist leicht, auf der Berlin Mitreisende kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Während unserer Reise waren insgesamt 300 Passagiere an Bord, die Maximalauslastung liegt bei 412 Personen, denen 210 Kabinen zur Verfügung stehen. Es gibt sechs Decks, die Tonnage beträgt 9.750 Bruttoregistertonnen, auch die Geschwindigkeit hält sich in Grenzen: schneller als 17 Knoten fährt die Berlin nicht. Dafür kümmern sich 196 Crewmitglieder um das Wohl der Passagiere.

Wenn man das Schiff über das A-Deck betritt, befindet man sich sozusagen schon im Zentralbereich. Hier sind die Rezeption, das Ausflugsbüro und das Hauptrestaurant angesiedelt. Ein weiterer Vorteil kleinerer Schiffe zeigt sich damit sofort: man muss nicht 200 oder 300 Meter zurück legen, um von Punkt A nach Punkt B zu gelangen. Andererseits gibt es natürlich kein Atrium mit gläsernen Aufzügen und großzügigen Promenaden. Die Berlin verfügt auch nur über einen Aufzug, den wir allerdings kein einziges Mal benutzt haben, es wäre einfach zu zeitaufwändig gewesen. Behindertengerecht ist die Berlin damit nicht, man sollte schon gut zu Fuß sein, will man auf ihr Urlaub machen. 

Die FTI.Berlin glänzt mit ihren Außenbereichen, die allerdings den einen oder anderen Sitzplatz mehr durchaus vertragen könnten. Besonders bei schönem Wetter sucht alles, was noch einigermaßen gehen kann, die Brise Seeluft und verschmäht die Plätze im Hauptrestaurant. Ein verständlicher Wunsch, hat man doch von hier wirklich fantastische Ausblicke aufs offene Meer oder in den Hafen, je nachdem wo man sich gerade befindet.

Besonders auf dem rechten Bild wird sehr schnell deutlich, weshalb es so viele Passagiere nach draußen zieht. Ein Gläschen Wein oder ein schmackhaftes Weizenbier unter freiem Sternenhimmel in einer lauwarmen Nacht, dazu noch inspirierende Gespräche mit netten Tischnachbarn, das sind die Zutaten für unvergessliche Kreuzfahrten. Da die FTI.Berlin im Oktober für voraussichtlich etwa 10 Wochen ins Trockendock geht, ist davon auszugehen, dass im Zuge der umfangreichen Renovierungsmaßnahmen die eine oder andere Umgestaltung der Außenbereiche vorgenommen wird, die vielleicht auch zu mehr Sitzmöglichkeiten für die sonnenhungrigen Passagiere führt.

Die FTI.Berlin ist aber schon jetzt, wenn man so will, für Begegnungen aller Art bestens geeignet. Das Hauptrestaurant verzichtet auf Samt und Plüsch, stattdessen dominieren hier die Blautöne des eleganten Teppichbodens, gemütliche Rundbänke in der Mitte und Sechsertische an den Fensterreihen. Das Essen wird in zwei Tischzeiten serviert, die Küche ist nach unserem Geschmack unter die Kategorie "gut-bürgerlich" einzuordnen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Gourmets kommen sicher nicht auf ihre Kosten, kulinarische Ausreißer nach oben sucht man vergeblich. Hummer und Steaks werden nicht angeboten, auch die Raffinesse einer mediterranen Küche fehlt. Eine kleine Beispielkarte wird nach Klick auf das folgende Vorschaubildchen sichtbar.

Gut geschmeckt hat uns das Frühstück, das wir fast ausnahmslos im Verandah-Büffetresraurant eingenommen und uns dabei ein halb-sonniges Plätzchen auf dem Promenadedeck gesucht haben. Die Eierspeisen waren sehr schmackhaft, auch die Crepes und Omelettes, die auf dem Außendeck zubereitet wurden, fanden reißenden Absatz. Überhaupt merkt man besonders beim Frühstück, dass man sich auf einem deutschen Schiff befindet. Die Brötchen waren hervorragend, auch die Wurstauswahl überzeugte und selbstverständlich kamen auch Müsli-Liebhaber auf ihre Kosten. Im Büffet-Restaurant kann man sich den ganzen Tag über mit (kostenlosen) Getränken eindecken. Kaffee steht ebenso zur Verfügung wie Säfte, die, mit Wasser verdünnt, durchaus helfen den Durst zu löschen. In einigen Seereisenportalen ist zu lesen, dass der Tischwein zu den Hauptmahlzeiten frei wäre. Das kann ich keineswegs bestätigen. Kostenlos wird lediglich (Eis-)Wasser serviert.

Weitere Orte der (angenehmen) Begegnung sind der Yacht-Club, der jeden Tag eine sehr emfpehlenswerte Happy-Hour bietet, die vor allem den Senioren unglaublich Beine macht. Ich habe noch selten so viele rüstige 70- und 80-jährige gesehen, die nach dem Abendessen im Laufschritt in den Yacht-Club geeilt sind, um einen Sitzplatz zu ergattern. Allerdings sind Bierpreise von 2,00 Euro oder Cocktailpreise von 2,50 Euro während der Happy-Hour durchaus ein nachvollziehbarer Grund für die Eile. Apropos Getränkepreise: sie sind zwar einigermaßen zivil, aber sie wurden wohl vor unserer Kreuzfahrt angehoben. Die Halbe Weißbier kostete 4,00 Euro, das große Becks vom Fass 4,35 Euro, ein Cappuccino 2,40 Euro. Sehr preiswert z.B. 1,5 Liter Mineralwasser mit 2,90 Euro. Eine ausführliche Getränkekarte öffnet sich nach Klick auf das jeweilige kleine Vorschaubild.

Zwischen Büffet-Restaurant und Yacht-Club befindet sich der Fotoshop. Im Gegensatz zu den zum Teil mehr als lästigen Dauerfotografierern auf den Costa-Schiffen, wurde man auf der Berlin von dieser Spezies weitgehend verschont. Fotos wurden aber regelmäßig in den jeweiligen Häfen gemacht, wenn man gerade die Gangway verließ. Die fertigen Bilder konnte man dann in der Regel noch am selben Abend in einer Art "Computer-Schaukasten" ansehen, auswählen, bestellen und man erhielt sie am nächsten Tag für preiswerte 5,50 Euro. Mitunter gab es auch Sonderangebote und noch ein kleines Magnetbildchen o.ä. obendrauf.

Über dem Hauptrestaurant liegt die Scirocco-Lounge, die in Beige- und Brauntönen gehalten ist mit einer Bühne für Showauftritte oder die Vorträge für die Ausflüge. Die Shows haben wir als provinziell empfunden und wir waren daher auch meistens auf dem Außendeck mit gleichgesinnten Mitreisenden. Lediglich wenn Kreuzfahrtdirektorin Romana Calvetti zugegen war, lohnte sich ein Besuch der Scirocco-Lounge. Diese Frau hat Power, Ausstrahlung und eine Riesen-Stimme. Zusammen mit Romana Calvetti kamen auch noch einige Kolleginnen, die sich auf der Astor nicht mehr so recht wohl gefühlt haben. Unsere Nachfragen in dieser Richtung haben jedoch nichts Konkretes ergeben, lediglich eine junge Dame erwähnte einen "Knebelvertrag", der ihr den Abschied von der Astor leicht gemacht hätte. Für die FTI war das sicher eine gute Gelegenheit, geeignetes, insbesondere erfahrenes Personal zu rekrutieren. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Trend anhält, denn die Berlin lebt nicht zuletzt von der Begeisterungsfähigkeit seiner Crew.

In der einen oder anderen Kritik stand zu lesen, dass der Biergarten auf dem Sonnendeck als Highlight gesehen wird. Nach unserem Dafürhalten allenfalls in negativer Hinsicht. Irgendwie erinnert die Gestaltung mit dem billigen grünen Plastikboden an Currywurst und Fritten. Auf einem Kreuzfahrtschiff hat eine derartige Ausstattung nichts zu suchen, der Biergarten wirkt wie aus der Zeit gefallen: überflüssig und unangebracht!

Nicht mehr zeitgemäß sind auch die Kabinen. Sie sind vermutlich der größte Schwachpunkt auf der FTI.Berlin.  Wir hatten eine Außenkabine mit zwei Bullaugen auf dem B-Deck im vorderen Bereich. Der Wasserlinie ist man hier, wie überhaupt auf dem ganzen Schiff, sehr nah. Bei Windstärke 6 bekommt man den Seegang schon zu spüren, aber für uns war das kein Problem. Die Betten sind eher schmal, ich schätze nur 90cm, und sie stehen auseinander. Die Matratzen waren von außerordentlich schlechter Qualität. Jene von meiner Frau ließen wir umgehend austauschen, sie lag praktisch schon auf dem Lattenrost. Meine Matratze war ebenfalls total durchgelegen, aber ich habe mich durchgebissen. Der Kleiderschrank hingegen war nicht zu beanstanden, er bot eine sehr ordentliche Größe und wir hatten kein Problem, Kleidung für zwei Wochen unterzubringen. Ein Safe fehlt, lediglich ein abschließbarer Schubladen steht hier zur Verfügung, ebenso wie eine Minibar, ein Fernseher mit reichlich deutschen Programmen und ein DVD-Player. Ein nettes Tool ist das Fernglas, das man kostenlos während der Kreuzfahrt nutzen kann. Ebenfalls kostenlos sind die Badetücher.

Dann komme ich aber auch schon zum Unerfreulichsten. Das größte Ärgernis ist sicherlich die Toilette. Die Spülung funktionierte insgesamt 5x leider nicht. Gleich am zweiten Tag kam es hier fast zum Supergau, weil die Toilette kurz vorm Überlaufen war. Das Problem ist bei FTI durchaus bekannt, das Leitungssystem, so wurde uns erklärt, ist marode und so muss man immer wieder damit rechnen, dass diese Dinge vorkommen. An einem Nachmittag bis spät in den Abend gab es auch kein warmes Wasser. Im Übrigen ist das Bad, wenn man es denn als solches bezeichnen will, sehr sehr klein. Es ist wohl davon auszugehen, dass es hier ebenfalls zu umfassenden Renovierungsarbeiten im Oktober kommen wird. Da unser Programm aber mit Ausflügen und sonstigen Aktivitäten vollgepackt war, schlossen wir am Ende auch mit der Toilette unseren Frieden. Aber in Ordnung ist das zweifellos nicht!

Die folgende Fotoshow bietet Einblicke in die Kabinenwelt der FTI.Berlin.

Was aber wäre ein Schiff ohne seine Besatzung. Sie erst macht eine solche Kreuzfahrt überhaupt möglich. Während unserer Reise waren 196 Männer und Frauen aus 23 Ländern an Bord. Leider kann ich mich nicht bei jedem einzelnen Crewmitglied bedanken, aber ganz allgemein kann ich sagen: Der Service an Bord der FTI.Berlin war hervorragend. Ein Sonderlob verdient unser Hauptwaiter Sanje aus Indien, ein sehr erfahrener Kellner, der schon alle Weltmeere bereist hat und ungemein zuvorkommend, hilfsbereit und freundlich war. Auch die Getränkekellner im Hauptrestaurant und auf dem Promenadedeck sorgten stets für einen reibungslosen Ablauf und auch für gute Stimmung. Viele Servicekräfte kamen  aus der Ukraine, von denen einige zum Teil auch sehr gut Deutsch sprachen. Ebenfalls aus der Ukraine stammt Kapitän Oleg Panchenco, den einige vielleicht noch von seiner Zeit auf der "Astor" kennen. Aber wie schon an anderer Stelle erwähnt, war für uns die Kreuzfahrtdirektorin Romana Calvetti die Seele des Schiffs. Mit ihr hat zweifellos ein neuer Geist Einzug auf der FTI.Berlin gehalten. Ihre spontane, aber unaufdringliche Art auf die Passagiere einzugehen, gepaart mit einer ungeheuer positiven Ausstrahlung und nicht zuletzt ihre großartige Stimme haben bei allen Passagieren einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Damit enden meine Ausführungen zum Schiff. Die folgende Fotoshow zeigt einige Schiffseinrichtungen und Impressionen der FTI.Berlin.

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