Nachdem wir den nördlichsten Zipfel Europas, das Nordkap, erreicht haben, geht die Reise ab jetzt wieder Richtung Süden. Begleiten Sie uns auf dem nächsten Teil unserer Reise, bei der wir einen kleinen Schwenker nach Hammerfest machen und von der "E 6" auf die "94" wechseln, ehe wir nach dem Sightseeing in Hammerfest wieder zurück auf die "Hauptschlagader Norwegens", die "E 6" zurück kehren und Kurs nehmen Richtung Alta, einem der bekanntesten Lachsreviere der Welt. Von Alta geht die Fahrt dann nach Tromsö, der nördlichsten Universitätsstadt der Welt. Sie sehen, auch im Norden von Norwegen bleiben uns die Superlative erhalten.

Die Ungeduldigen unter den Lesern haben schon hier die Möglichkeit, das Fotoalbum "Skandinavien Teil III u. IV" zu betrachten:

Skandinavien Teil III und IV

 

 

 

Montag, 22. Juni 2009

 

Tagesziel: Alta, gefahrene Kilometer: 367, Übernachtung: Alta River Camping, Preis für die Übernachtung: 500 NKr (ca. 57,00 Euro)

 

 

 

 

Aufstehen um 6.45 Uhr, Kaffeetrinken, ein paar Scheiben Brot essen und hinter's Lenkrad. Wir verlassen das auch heute wieder sehr stürmische Skarsvag und verabschieden uns vom Nordkap. Auch wenn es uns die sprichwörtliche kalte Schulter gezeigt hat, kommt große Wehmut auf. Werden wir noch einmal zurück kommen? In diesen rauen Landstrich, der Mensch und Tier so viel abverlangt? Ich glaube eigentlich nicht. Immerhin können wir voller Stolz eine Nordkap-Urkunde vorweisen. Wir waren da!! Ein letztes Foto von unserem liebgewonnen Mini-Pris-Motellet und dann geht es wieder auf die Reise. Zunächst nach Honningsvag in ein Souvenirgeschäft. Ich brauche unbedingt ein Basecap vom Nordkap. Die Wolkendecke zeigt sich unverändert grau, auch der Wind bleibt standhaft.

 Weiter geht die Fahrt nach Hammerfest, nördlichste Stadt der Welt (zumindest wirbt man immer noch mit diesem Slogan!). Wenngleich Hammerfest vielleicht nicht unbedingt "das" touristische Highlight schlechthin ist, wollten wir uns die Stadt doch ansehen und nahmen deshalb auch einen Umweg in Kauf. Bei Skaidi verlassen wir daher die E 6 und fahren auf die "94", die nach Hammerfest führt. Als wir ankommen, war gerade die "Midnatsol" im Hafen, die uns schon in Honningsvag begegnet  war. Das war schon die zweite Schiffsbegegnung, denn am frühen Morgen hatten wir bereits Gelegenheit, die "Mein Schiff" von der TUI zu bestaunen:   

Da wir die Tourist-Info nicht fanden, steuerten wir die nächste Tankstelle an. Bereitwillig erklärte mir eine freundliche Tankwartin, wo sich "Struve's Mederidianbogen" befindet und wo man die schönste Aussicht über Hammerfest genießen kann. Die Erklärung dauerte vielleicht zwei oder drei Minuten, aber anscheinend zu lang für einen ungeduldigen (deutschen, was auch sonst!) Touristen, der zahlen wollte und dessen genervter Gesichtsausdruck Bände sprach. Ein merkwürdiges Volk, diese Deutschen!


Der Meridianbogen wurde 2005 in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen, das war Grund genug für einen Besuch. Der Meridianbogen wurde als erstes technisch-wissenschaftliches Objekt in diese Liste aufgenommen. Er wurde mit Hilfe von Winkelmessungen von einer Kette von Dreiecken ermittelt, die sich von Hammerfest im Norden bis zum Schwarzen Meer erstreckt.

Weitere Infos zum Meridianbogen gibt es hier. Die beste Aussicht ist ebenfalls kostenlos und man fährt dazu Richtung Fußballstadion, hier hatte die freundliche Dame von der Tankstelle nicht zu viel versprochen. Schließlich statteten wir noch der außergewöhnlich gestalteten Kirche einen Besuch ab. Die eigenwillige Form ist den Trockenfischgerüsten nachempfunden.

Was uns an Hammerfest noch gefallen hat, war das Wetter. Endlich, nach elf langen und schier endlos scheinenden Tagen in Skandinavien bekamen wir einen Hauch von Sonne ab. Das sollte aber nicht alles sein, in Alta wurde es noch besser. Bleiben Sie also dran!

Hammerfest war insofern etwas ungünstig, weil wir wegen diesem Abstecher die "E 6" ab Skaidi verlassen und die ganze Strecke, etwa 80 Kilometer, auch in umgekehrter Richtung wieder fahren mussten. Aber darüber waren wir uns durchaus im Klaren und wir haben die Route absichtlich so gewählt. Und außerdem: ein Weltkulturerbe bekommt man schließlich auch nicht alle Tage zu Gesicht. Mit dieser Bemerkung strafe ich mich jedoch schon selbst Lügen, denn in Alta würde bereits das nächste Weltkulturerbe warten.

Auf dem Weg nach Alta wurde das Wetter immer besser, phasenweise war der Himmel so blau, wie man ihn aus den Bildbänden kennt und das Thermometer kletterte auf für uns fast unglaubliche 14 Grad. In Alta wollten wir uns die Felszeichnungen ansehen, die zwischen 2000 und 6500 Jahren alt sind. Erstaunlicherweise wurden diese sensationell anmutenden Felsritzungen erst Anfang der 1970er Jahre entdeckt. Später wurde dann das Alta Museum  gebaut und heute kann man auf mehreren (zum Teil sehr langen) Pfaden die eindrucksvollen Zeugnisse frühmenschlicher Kultur bewundern. Wer damit nichts am Hut hat, kann sich stattdessen auch auf die Terrasse des dazugehörigen Cafes setzen und seinen Blick über den Fjord schweifen lassen. Bei schönem Wetter sicher keine schlechte Alternative!

In Alta waren wir auch gezwungen, unsere Essensvorräte aufzufrischen. Für unser Frühstück und für zwischendurch benötigten wir Brot, Käse, Salami und Mineralwasser. Dinge des täglichen Lebens, die in Deutschland vergleichsweise preiswert zu haben sind. In Norwegen muss man dafür deutlich mehr ausgeben. So zahlten wir für 1,5 Liter Mineralwasser z.B. 1,20 Euro (was noch billig war), 100 Gramm Salami kosteten bereits um die 3 Euro. Auch Benzin ist in Norwegen teurer als in Finnland und Schweden, war aber mit ca. 1,60 Euro im Schnitt immer noch einigermaßen erschwinglich.


Gegen 18.00 Uhr fuhren wir zu unserer nächsten Unterkunft, Alta River Camping am gleichnamigen Fluss. Wir hatten auch diese Hütte über das Internet vorbestellt und schon bei der Fahrt auf das Gelände kam echte Vorfreude auf. Der Himmel präsentierte sich in schönstem Blau und die Chefin empfing uns mit einem strahlenden Lächeln. Unsere Hütte bot Platz für vier Personen, so dass wir genügend Stauraum für unser ganzes Gepäck hatten. Das Wetter war derart einladend, dass wir es uns auf der Terrasse gemütlich machen konnten.

Heute war nach dem köstlichen Abendessen (Bratheringe und Salzkartoffeln) der Tag noch nicht zu Ende, denn wir erlebten das, was um diese Jahreszeit üblich ist: die Mitternachtssonne. Das folgende Foto entstand um 1.30 Uhr:

Eine, wie ich finde, großartige Aufnahme. Hier muss ich meiner Frau ein Riesenkompliment machen, der Bildausschnitt ist hier toll eingefangen. An diesem Fluss standen übrigens die Lachsfischer in Reih' und Glied und machten wohl fette Beute. Wie ich gelesen habe, ist dieses Lachs-Revier derart beliebt und teuer, dass man bei einer Lotterie mitmachen muss, um hier an "Angel-Eintrittskarten" zu kommen. Nun, von Lachsen träumten wir an diesem Abend nicht, schon eher von obigen Aussichten, von denen wir hofften, in den nächsten Tagen noch mehr zu Gesicht zu bekommen.

Dienstag, 23. Juni 2009

Tagesziel: Tromsö, gefahrene Kilometer: 313, Übernachtung auf dem gleichnamigen Campingplatz für preiswerte 50 Euro

 

 

 

Um 7.20 Uhr werde ich wach. Vorsichtig hebe ich den Vorhang zur Seite, so, dass er einen kleinen Schlitz frei gibt und sofort werde ich von einem "Meer in Blau" erschlagen. Kein Traum, Realität am Alta River. Ein wolkenloser Himmel begrüßt uns an diesem Dienstagmorgen. Wir frühstücken im Schnelldurchgang und sehen zu, dass wir weg kommen: "Fjordschauen" nennt sich die Sportart, die wir betreiben. Übrigens sehr zu empfehlen! Allein für die paar Kilometer nach Talvik brauchen wir eine Stunde. In der Zeit kann man diese Strecke auch zu Fuß gehen. Na ja, jetzt übertreibe ich etwas. Nach jeder Biegung, nach jeder Kuppe, hinter jedem Haus zeigen sich neue Motive, die fotografiert und gefilmt werden wollen. Vergessen sind die stürmischen Tage am Nordkap, jetzt ist "Fjordfeeling" angesagt. Bei diesen gewaltigen Eindrücken könnte man fast auf den Gedanken kommen, der liebe Gott wäre Norweger. Was natürlich Blödsinn ist, denn wie jedes Kind weiß, ist der liebe Gott waschechter Bayer! Man denke nur an Schloss Neuschwanstein, den Königssee, die Wieskirche, aber lassen wir das.

Was hier wie ein impressionistisches Meisterwerk von van Gogh oder Monet auf eine Länge von mehreren Kilometern lässig hingepinselt scheint, ist Natur. Zugegeben, auch der Mensch hat etwas mitgewirkt, vor allem bei den roten, gelben und manchmal blauen Häusern, die kontrastreiche Farbtupfer setzen zum heute spiegelglatten Fjord. Besonders reizvoll wirkt dieses Ensemble im Zusammenspiel mit den schneebedeckten Bergen ringsum. Sie bilden im wahrsten Sinne des Wortes das Sahnehäubchen.

Bei solchen Bildern verschlägt es einem beinahe die Sprache, nicht wahr? Das grandiose Wetter ist ein derartiger "Gute-Laune-Lieferant", dass ich eine "Drei-Schneeball-Jonglage" abliefere, die Sonja natürlich filmt. Das habe ich immerhin noch nicht verlernt.

Unser "Geldproblem" konnten wir zwischenzeitlich auch lösen. Mit Sonja's EC-Karte haben wir einen Automaten um ein paar norwegische Kronen erleichtert. Für kleinere Ausgaben wie Lebensmittel, Fährgebühren, Eintritte o.ä. empfiehlt sich norwegisches Geld. Zwar geht man mit Euro auch nicht baden, aber die Umrechnungen erfolgen naturgemäßg stark zu Ungunsten der gutgläubigen Touristen.

Das schöne Wetter nutzen auch ganze Rentierherden, die schon mal den Weg kreuzen. Sie sind immer wieder ein schöner Anblick:

Wir fahren weiter auf der E 6 bis das Navi stoppt: Wasser! Eine Fähre bringt uns von Olderdalen in 40 Minuten nach Lyngseidet, nach weiteren 20 Kilometern Autofahrt wartet die "Fjord-Überquerungshilfe" und bringt uns von Svensby nach Breivikeidet. Die Preise für die Fähren halten sich im Rahmen. In Olderdalen löhnen wir 150 Nkr (etwa 18,00 Euro), in Svensby 110 Nkr (etwa 13 Euro). Die Anfahrt zu den Fähren war ebenfalls kein Problem, wir mussten nie lange warten und kamen immer mit dem ersten Schwung an Bord. Nachdem wir auch heute wieder mehr als 300km zurückzulegen hatten, war es für uns keine Frage, wenigstens etwas die Strecke abzukürzen und auf die Fähren umzusteigen. Außerdem ist so eine Schifffahrt immer wieder eine schöne Abwechslung.

In der Zwischenzeit, man kann es auf dem Bild mit der Fähre gut erkennen, sind auch die Wolken wieder zurückgekommen. Wäre ja auch noch schöner gewesen! Wir erreichen Tromsö gegen 16.00 Uhr und steuern gleich die Eismeerkathedrale an, die schon von Weitem zu sehen ist.

Neben der außergewöhnlichen Architektur der Kirche, die das Nordlicht, Eis und lange Dunkelheit symbolisieren soll, haben uns auch die Deutschkenntnisse der Eintrittskartenverkäuferin beeindruckt. Über letztere verfügte auch der junge Mann an der Talstation zur Seilbahn, die nur einen Steinwurf von der Kirche entfernt ist und die einen großartigen Ausblick auf Tromsö bietet, das flächenmäßig übrigens fast so groß ist wie das Saarland.

Pünktlich zum Gipfelsturm lässt sich auch die Sonne wieder blicken und gönnt uns ein paar gelungene Aufnahmen. Der Preis für die Berg- und Talfahrt beträgt 12,00 Euro pro Person, also ein erträglicher Obolus für etwas Bequemlichkeit. Auf dem Parkplatz treffen wir auf eine Gruppe deutscher Kreuzfahrer, die von Spitzbergen auf dem Rückweg nach Deutschland sind. Sie schwärmen uns von den tollen Eindrücken auf diesem nördlichen Eiland vor, wir sind aber mit unseren eigenen derart beschäftigt, dass wir damit mehr als genug zu tun haben. Im Anschluss versuchen wir den Tromsö Camping Platz zu erreichen, den wir schon vom Berggipfel aus erspäht haben. Hier zeigt sich, dass Tromsö nur schwer mit dem Auto zu "erfahren" ist. Ständig hindert uns eine geradezu bösartige Einbahnstraßenregelung daran, unser Ziel zu erreichen. Nach einigen Schwierigkeiten erreichen wir den Platz schließlich doch. Über eine Straße, die den Namen nicht verdient, kämpfen wir uns von Schlagloch zu Schlagloch, jedes einzelne davon groß genug, um ganzen Lastwägen Unterschlupf zu gewähren. Der Platz selbst behagt uns von Anfang an nicht sonderlich. Die Hütte ist klein, wie zu erwarten, und hat etwa 8qm. Kein Kühlschrank, keine Kaffeemaschine, kein Wasserbehälter, zwei sehr schmale Stockbetten (etwa 80cm breit). Es gibt einen Spiegel, eine Herdplatte, eine Heizung, zwei Stühle und einen an der Wand befestigten Tisch. Alles etwas dürftig, aber der Preis gibt keinen Grund für Beanstandungen: etwa 50 Euro für zwei Personen sind angemessen, immerhin nächtigen wir in der nördlichsten Universitätsstadt der Welt!

Wir essen eine Kleinigkeit und fahren dann über die reizvolle Hegelandbru in das Zentrum von Tromsö, wo wir noch einen ausgiebigen Spaziergang unternehmen. Wir staunen über das fantastische Rathaus, das brandneu ist und supermodern gestylt. Einen derartigen Bau aus neuerer Zeit sieht man wirklich selten.

Tromsö muss eine wirklich reiche Stadt sein, um sich so etwas leisten zu können. Sehr schön sind auch die Jugendstilhäuser, von denen man mehrere wunderbare Exemplare am Anfang der Sjogate und in der Skippergate bewundern kann. Auch Roald Amundsen haben wir unsere Aufwartung gemacht und ihn bildlich eingefangen.

Dann kommen auch nach Tromsö die ersten Regentropfen und vertreiben uns aus dieser wirklich sehenswerten und gemütlichen Stadt. Mal sehen, was der nächste Tag bringt. Wir haben jetzt Halbzeit unserer Reise und ziemlich genau 4.000 Kilometer zurück gelegt. Aber Norwegen ist bekanntlich lang.

Von Helsinik zum Nordkap Vesteralen - Lofoten
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